Museum „Hinter Gittern”
(Bayerisches Strafvollzugsmuseum)
Haftalltag im 19. Jahrhundert bedeutete strengste Einhaltung der Hausordnung. Die Hausordnung regelte den gesamten Tagesablauf des Häftlings und drohte bei Verstößen harte Strafen an. Besonderer Wert wurde auf Pünktlichkeit, Sauberkeit und Ordnung gelegt. Möglichkeiten der Freizeitbeschäftigung gab es für die Gefangenen kaum. Jeder Schritt des Häftlings war festgelegt. Bei der so genannten Bewegung in den Spazierhöfen mussten die Gefangenen voneinander mehrere Schritte Abstand halten. Es gab sogar kleine Einzelspazierhöfe. Striktes Sprechverbot galt häufig während der täglichen Bewegung im Freien, während der gesamten Arbeitszeit oder nachts in den großen Schlafsälen. In der verpesteten Luft eines Raumes schliefen manchmal über 100 Gefangene.
Am Anfang des 19. Jahrhunderts begann und endete eine Gefängnisstrafe auch in Bayern mit Peitschenhieben. Diese Schläge hießen „Willkomm” und „Abschied”: da der Gefangene bereuen sollte, wurden ihm dabei seine Straftaten vorgelesen.
Im Lauf des 19. Jahrhunderts entwickelte sich ein Abnahmeverfahren, das heute kaum anders aussieht. Der Gefangene musste gründlich baden und wurde ärztlich untersucht. Haare und Bart wurden geschoren. Die sogenannten Effekten des Häftlings, also seine Habseligkeiten und Wertsachen, wurden ihm abgenommen und im Effektensack aufbewahrt. Der Gefangene erhielt die Sträflingskleidung und bekam eine Nummer zugewiesen.
Für die meisten Gefangenen galt Arbeitspflicht. In großen Arbeitssälen oder in Einzelzellen verrichteten sie häufig eintönige Arbeiten, wie Hanfspinnen oder Besenbinden. Während der Arbeit galt strenges Sprechverbot.
Mit dem Beginn des 20. Jahrhunderts wurde der Haftalltag abwechslungsreicher. Vorträge, Gesangsabende und Turnübungen lassen erste Ansätze einer geplanten Freizeitgestaltung erkennen.