Version
11.2.2022
Bäuerinnen zur Feldarbeit zu „Der fränkische Impressionist”,
Gleichen-Rußwurm, Bäuerinnen auf dem Weg zur Feldarbeit, 1873, ölhaltige Farben auf Gewebe
Waldstraße im Vorfrühling (m.R.) zu „Der fränkische Impressionist”,
Gleichen-Rußwurm, Waldstraße mit Bäuerinnen im Vorfrühling, 1875, ölhaltige Farben auf Gewebe
Landschaft bei Bonnland zu „Der fränkische Impressionist”,
Gleichen-Rußwurm, Sommerliche Landschaft bei Bonnland, 1886, Aquarell über schwarzer Kreide
Bonnland (m.R.) zu „Der fränkische Impressionist”,
Gleichen-Rußwurm, Bonnland, 1892, ölhaltige Farben auf Gewebe
Pflügender Bauer m.R. zu „Der fränkische Impressionist”,
Gleichen-Rußwurm, Pflügender Bauer in freier Landschaft, 1896, ölhaltige Farben auf Gewebe
Gärtnerei m.R. zu „Der fränkische Impressionist”,
Gleichen-Rußwurm, In der Gärtnerei, 1892, ölhaltige Farben auf Gewebe
Pegasusgruppe zu „Der fränkische Impressionist”,
Gleichen-Rußwurm, See mit Pegasusgruppe, Hofgarten Veitshöchheim (verödet), 1878, ölhaltige Farben auf Gewebe
Große Bleiche m.R. zu „Der fränkische Impressionist”,
Gleichen-Rußwurm, Die große Bleiche, 1889, ölhaltige Farben auf Gewebe

Beitrag

Der fränkische Impressionist

Ludwig von Gleichen-Rußwurm im Kulturspeicher Würzburg

Rainer Göttlinger
11. Februar 2022

Adrett gekleidete Frauen mit Kopftüchern und weißen Schürzen schleppen Körbe voller frisch gewaschener Leintücher auf eine Wiese, um sie zum Bleichen auszulegen. Die Vermutung, dass es sich bei dem Gemälde um ein Werk von Monet, Renoir oder Sisley handeln könnte, erweist sich jedoch als trügerisch: der Maler heißt Ludwig von Gleichen-Rußwurm, lebte und arbeitete auf seinem Schloss in Unterfranken und ist ein Enkel des berühmten Dichters Friedrich Schiller, weshalb auch der bayerische König Ludwig I. die Patenschaft für den Sprößling aus thüringischem Adel über­nahm.

Über hundert Werke hat der Würzburger Kulturspeicher für diese erste große Retrospektive zusammengetragen, die meisten davon aus eigenem Bestand, so manches aber auch aus den Sammlungen der Klassik Stiftung Weimar.

Von Gleichen-Rußwurm, der als 33-jähriger den frühen Tod seiner Frau hatte hinnehmen müssen, bezog schon kurze Zeit später eine Wohnung mit Atelier in Weimar, wo er sich fortan voll seinen künstlerischen Neigungen hingab und an der Großherzoglich-Sächsischen Kunstschule Landschaftsmalerei studierte. Bei einem Aufenthalt in Frankreich 1876 fand er heraus, dass die Schule von Barbizon mit ihrer Hinwendung zu realistischen Naturdarstellungen seinen eigenen malerischen Vorstellungen sehr entgegenkam, und er wurde, insbesondere nachdem er Bilder von Claude Monet gesehen hatte, zu einem der ersten deutschen Landschaftsmaler, die die künstlerischen Impulse des französischen Impressionismus nach Deutschland holten. Zu früh, denn die Zeit war in Deutschland noch nicht reif für diesen neuen Stil.

Die Ausstellung im Kulturspeicher zeichnet die künstlerische Entwicklung Gleichen-Rußwurms nach: von der frühen realistischen Freilichtmalerei im Zeichen der Schule von Barbizon bis zu den strahlenden Landschaftsbildern des Impressionismus, angeregt von der unterfränkischen Landschaft in der Umgebung seines Wohnsitzes Schloss Greifenstein über Bonn­land.

Wo liegt denn eigentlich dieses Schloss Greifenstein? Die Hoffnung, dort den Inspirationen des Malers nachspüren zu können, zerschlägt sich schnell, wenn man erfährt, dass die schöne Landschaft heute Truppenübungsplatz ist und Dorf, Schloss und Grabstätte nur zugänglich sind, wenn die Bundeswehr zum Tag der offenen Tür einlädt.

Vertiefen ließe sich das Geschaute aber durchaus, sogar ganz in der Nähe, im Hofgarten von Schloss Veitshöchheim, dessen Pegasusbrunnen der Maler in einem seiner größten Gemälde festgehalten hat. Doch sieht wohl auch dieser malerische Ort nicht mehr so aus wie zu Gleichen-Rußwurms Zeiten und ist zudem coronabedingt leider ge­schlossen.

Und so verläßt der Verfasser die Ausstellung in dem Gefühl, einen Blick erhascht zu haben auf eine vergangene Welt, als vieles sich zu wandeln begann, was Gleichen-Rußwurm zwar interessiert verfolgte und in Bilder wie etwa das von der Pferdestraßenbahn umsetzte. Aber den bleibendsten Eindruck hinterlassen dann eben doch die Bäuerinnen auf dem Weg zur Feldarbeit, der Gärtner mit der schweren Gießkanne, die Schnitterinnen – und die Frauen, wie sie gerade ihre frische Wäsche auf der Wiese aus­breiten.

POI

Museum, Würzburg

Museum im Kultur­speicher

Kunst des 19. und 20. Jahr­hun­derts von hohem Rang. Regio­nale Iden­ti­tät und über­regio­nale Ent­wick­lun­gen. Nach­laß Emy Roe­der, private Samm­lung „Peter C. Rup­pert – Kon­krete Kunst in Euro­pa nach 1945“.

Bis 15.5.2022, Würzburg

Land­schaften im Licht

Mit dieser Aus­stellung in Weimar und Würz­burg wird einer der ersten deutschen impres­sio­nisti­schen Land­schafts­maler wieder­ent­deckt.

Schloss, Veitshöchheim

Schloss und Hof­garten Veits­höch­heim

Sommer­resi­denz der Fürst­bischöfe von Würz­burg in­mitten eines der be­deu­tend­sten Rokoko­gärten Deutsch­lands mit etwa 200 Skulp­turen. Kosmo­lo­gi­sches Pro­gramm mit Tier- und Götter­dar­stellun­gen.

Museum, Würzburg

Rönt­gen-Gedächtnis­stätte

Originallabor, in dem W. C. Röntgen die nach ihm benannten Strahlen entdeckte. Experimentelle Physik des ausgehenden 19. Jahrhunderts, Entdeckungsapparatur und historischer Hörsaal. Leben und Person Röntgen.

Schloss, Würzburg

Resi­denz

Einer der be­deu­tend­sten baro­cken Schloss­bauten Euro­pas, ehe­ma­lige Resi­denz der Würz­burger Fürst­bischö­fe, ge­plant und be­treut von Bal­tha­sar Neu­mann.

Museum, Würzburg

Mu­seum am Dom

Litur­gi­sche Geräte, An­dachts­grafik, Hinter­glas­bilder, Objek­te der Volks­reli­gio­sität, Werke frän­ki­scher Künst­ler wie Tilman Riemenschneider und Julius Echter, Arbeiten moderner und zeitgenössischer Künstler.

Verantw. gem. §55 Abs 2 RStV:
Rainer Göttlinger
Pressemitteilungen willkommen
#10264 © Webmuseen Verlag