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Adrett gekleidete Frauen mit Kopftüchern und weißen Schürzen schleppen Körbe voller frisch gewaschener Leintücher auf eine Wiese, um sie zum Bleichen auszulegen. Die Vermutung, dass es sich bei dem Gemälde um ein Werk von Monet, Renoir oder Sisley handeln könnte, erweist sich jedoch als trügerisch: der Maler heißt Ludwig von Gleichen-Rußwurm, lebte und arbeitete auf seinem Schloss in Unterfranken und ist ein Enkel des berühmten Dichters Friedrich Schiller, weshalb auch der bayerische König Ludwig I. die Patenschaft für den Sprößling aus thüringischem Adel übernahm.
Über hundert Werke hat der Würzburger Kulturspeicher für diese erste große Retrospektive zusammengetragen, die meisten davon aus eigenem Bestand, so manches aber auch aus den Sammlungen der Klassik Stiftung Weimar.
Von Gleichen-Rußwurm, der als 33-jähriger den frühen Tod seiner Frau hatte hinnehmen müssen, bezog schon kurze Zeit später eine Wohnung mit Atelier in Weimar, wo er sich fortan voll seinen künstlerischen Neigungen hingab und an der Großherzoglich-Sächsischen Kunstschule Landschaftsmalerei studierte. Bei einem Aufenthalt in Frankreich 1876 fand er heraus, dass die Schule von Barbizon mit ihrer Hinwendung zu realistischen Naturdarstellungen seinen eigenen malerischen Vorstellungen sehr entgegenkam, und er wurde, insbesondere nachdem er Bilder von Claude Monet gesehen hatte, zu einem der ersten deutschen Landschaftsmaler, die die künstlerischen Impulse des französischen Impressionismus nach Deutschland holten. Zu früh, denn die Zeit war in Deutschland noch nicht reif für diesen neuen Stil.
Die Ausstellung im Kulturspeicher zeichnet die künstlerische Entwicklung Gleichen-Rußwurms nach: von der frühen realistischen Freilichtmalerei im Zeichen der Schule von Barbizon bis zu den strahlenden Landschaftsbildern des Impressionismus, angeregt von der unterfränkischen Landschaft in der Umgebung seines Wohnsitzes Schloss Greifenstein über Bonnland.
Wo liegt denn eigentlich dieses Schloss Greifenstein? Die Hoffnung, dort den Inspirationen des Malers nachspüren zu können, zerschlägt sich schnell, wenn man erfährt, dass die schöne Landschaft heute Truppenübungsplatz ist und Dorf, Schloss und Grabstätte nur zugänglich sind, wenn die Bundeswehr zum Tag der offenen Tür einlädt.
Vertiefen ließe sich das Geschaute aber durchaus, sogar ganz in der Nähe, im Hofgarten von Schloss Veitshöchheim, dessen Pegasusbrunnen der Maler in einem seiner größten Gemälde festgehalten hat. Doch sieht wohl auch dieser malerische Ort nicht mehr so aus wie zu Gleichen-Rußwurms Zeiten und ist zudem coronabedingt leider geschlossen.
Und so verläßt der Verfasser die Ausstellung in dem Gefühl, einen Blick erhascht zu haben auf eine vergangene Welt, als vieles sich zu wandeln begann, was Gleichen-Rußwurm zwar interessiert verfolgte und in Bilder wie etwa das von der Pferdestraßenbahn umsetzte. Aber den bleibendsten Eindruck hinterlassen dann eben doch die Bäuerinnen auf dem Weg zur Feldarbeit, der Gärtner mit der schweren Gießkanne, die Schnitterinnen – und die Frauen, wie sie gerade ihre frische Wäsche auf der Wiese ausbreiten.
Museum, Würzburg
Kunst des 19. und 20. Jahrhunderts von hohem Rang. Regionale Identität und überregionale Entwicklungen. Nachlaß Emy Roeder, private Sammlung „Peter C. Ruppert – Konkrete Kunst in Europa nach 1945“.
Bis 15.5.2022, Würzburg
Mit dieser Ausstellung in Weimar und Würzburg wird einer der ersten deutschen impressionistischen Landschaftsmaler wiederentdeckt.
Schloss, Veitshöchheim
Sommerresidenz der Fürstbischöfe von Würzburg inmitten eines der bedeutendsten Rokokogärten Deutschlands mit etwa 200 Skulpturen. Kosmologisches Programm mit Tier- und Götterdarstellungen.
Museum, Würzburg
Originallabor, in dem W. C. Röntgen die nach ihm benannten Strahlen entdeckte. Experimentelle Physik des ausgehenden 19. Jahrhunderts, Entdeckungsapparatur und historischer Hörsaal. Leben und Person Röntgen.
Schloss, Würzburg
Einer der bedeutendsten barocken Schlossbauten Europas, ehemalige Residenz der Würzburger Fürstbischöfe, geplant und betreut von Balthasar Neumann.
Museum, Würzburg
Liturgische Geräte, Andachtsgrafik, Hinterglasbilder, Objekte der Volksreligiosität, Werke fränkischer Künstler wie Tilman Riemenschneider und Julius Echter, Arbeiten moderner und zeitgenössischer Künstler.