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12.2.2022
Flecklashex nah zu „Fastnacht in Franken und anderswo”,
Waschzuber zu „Fastnacht in Franken und anderswo”,
Faschingsorden zu „Fastnacht in Franken und anderswo”,
Muskelputin zu „Fastnacht in Franken und anderswo”,
Kragen-/Schellenkopf zu „Fastnacht in Franken und anderswo”,
Kragenweiberl zu „Fastnacht in Franken und anderswo”,
Strohmann zu „Fastnacht in Franken und anderswo”,
Straßenansicht zu „Fastnacht in Franken und anderswo”,

Besuchsbericht

Fastnacht in Franken und anderswo

Ein Besuch im Deutschen Fastnachtmuseum Kitzingen

Rainer Göttlinger
12. Februar 2022

Eigentlich verfügt die fränkische Kleinstadt ja über ein markantes Gebäude, das für ein Fastnachtmuseum geradezu prädestiniert ist, trägt es doch, schon von weitem sichtbar, einen auffällig schiefen Turmhelm. Und tatsächlich war das Museum bis vor gut 10 Jahren auch in diesem „schiefen Turm von Kitzingen” untergebracht. Der notwendige Brandschutz hätte den Aufbau und Charakter des Falterturms jedoch zu stark verändert, und so zog es eben mit Mann und Maus in die Luitpoldstraße um, kaum 200 Meter vom Turm ent­fernt.

Das Museum ist größer als es von außen den Anschein hat. Viel größer. Sehr viel größer. Zwar ist das Unterstatement der Anfangsjahre, als die Straßenfront lediglich aus einem normalen Hauseingang nebst Schaufenster und Außentreppe bestand, inzwischen einem Ensemble von drei Häusern gewichen, aber das tut der Überraschung, wenn sich beim Betreten über den linken, nunmehr barrierefreien Zugang dann die innere Größe des Museumsgebäudes offenbart, keinen Ab­bruch.

Noch vor dem ersten Treppenaufgang und gleich neben der Allersberger Flecklashex grüßt von rechts eine bekannte Stimme und stellt sich als Amandas Zwillingsschwester vor. Amanda ist die Nilpferd-Puppe, die ihr loses Mundwerk dem Bauchredner Sebastian Reich verdankt. Hier im Museum geht es aber, wie der Museumsname schon andeutet, nicht nur um die Fastnacht in Franken, sondern im gesamten deutschen Sprachraum und sogar darüber hinaus.

Treppe geschafft? Dafür einen dreifachen Tusch, denn nun wird es ernst: wir erfahren, dass die Wurzeln der Fastnacht unter anderem beim griechischen Gott Dionysos zu finden sind, zu dessen Ehren man Alkohol konsumierte, sich verkleidete und Umzüge veranstaltete, also ganz ähnlich wie heute zu Fasching, Fasnet, Karneval oder wie auch immer. Darauf schon mal ein Helau und Alaaf.

Man könnte jetzt dem vorgegebenen Rundgang folgen. Oder aber man steigt eine Etage höher und wohnt der soeben beginnenden Show des virtuellen Narrentheaters bei, denn diese Gelegenheit bietet sich nur einmal pro Stunde. Die hier versammelten originalen Figuren stammen aus unterschiedlichen Regionen Deutschlands und Österreichs – und erhielten 2013 von den Tänzern der Nürnberger Buchnesia vor der Kamera noch einmal Stimme und Bewegung eingehaucht, so dass Original und Projektion jetzt im Museum eine faszinierende visuelle Einheit bilden.

Flugs ist man ganz oben unter dem Dach und erfährt hier so manches über den Karneval weltweit, über Fastnachtssymbolik bezogen auf die vier Elemente Erde, Wasser, Luft bzw. Lärm und Feuer und über den Brauch des Da-Bach-na-Fahrens samt originalem Brühzuber der Narrenzunft Schramberg. Man bestaunt das Kostüm des Karnevalsprinzen aus Hilden, bewundert lange Reihen von Karnevalsorden und natürlich Masken, immer wieder Masken. Zu gewisser Prominenz brachte es eine Wagendekoration aus dem Düsseldorfer Rosenmontagszug 2014, in der ein Muskelputin an der Krimbombe herum­zün­delt.

Umzüge sind überhaupt das große Thema im Fasching. Schon seit dem 15. Jahrhundert ist der Nürnberger Schembartlauf belegt, der erste von einem Komitee geordnete Umzug fand 1823 in Köln statt. Die Umzüge der schwäbisch-alemannischen Fastnacht wiederum bestehen in aller Regel aus Fußtruppen in traditionellen Kostümen, zu den größten und farbenprächtigsten Paraden zählt der Rottweiler Narren­sprung.

Größter Dachverband für Fastnacht und Karneval ist der Bund Deutscher Karneval (BDK) mit Sitz in Köln, der unter anderem auch Turniere für karnevalistischen Tanzsport organisiert und in Kitzingen das Zentralarchiv der deutschen Fast­nacht.

In der Zeit des Nationalsozialismus war karnevalistische Kritik an der NS-Obrigkeit natürlich strikt untersagt. Einige Karnevalisten, die sich das Denken und Sprechen nicht verbieten ließen, erhielten Redeverbot, der Düsseldorfer Leo Statz wurde sogar zum Tode verurteilt. Und auch der DDR-Staatssicherheit waren Umzüge suspekt.

Ob man, ermattet vom vielen Schauen, noch einmal das virtuelle Narrentheater für sich antreten läßt? Ja unbedingt, denn nachdem man all die Kostüme gesehen und eines von ihnen sogar angehoben hat, weiß man die Leistung der Darsteller ja erst so richtig zu schätzen. Und dann heißt es: auf Wiedersehen, Zwillings­schwester der Amanda.

POI

Museum, Kitzingen

Deutsches Fast­nacht­museum

Fast­nachts­bräuche im deut­schen und euro­päi­schen Raum. Sit­zungs­karne­val, histo­ri­sche Ent­wick­lung von Karne­val und Fast­nacht. In der Schatz­kammer Fast­nachts­orden und Kron­ju­welen.

Museum, Köln

Köl­ner Kar­ne­vals­mu­seum

Größ­tes Museum seiner Art im deutsch­spra­chi­gen Raum. Karne­va­li­sti­sches Treiben im Rhein­land von der Antike über das Mittel­alter, die Barock- und Fran­zosen­zeit bis in die Gegen­wart. Karne­vals­musik, Drei­gestirn, Straßen­karneval.

Museum, Koblenz

Rhei­ni­sches Fast­nachts­mu­seum Ko­blenz e.V.

Reno­vier­ter Kehl­turm als Be­stand­teil des Fort Con­stan­tin. Aus­stel­lung unter dem Motto "Kowe­lenz Olau" (so der närri­sche Schlach­truf). Orden, Uni­for­men, Bilder, Rosen­montags­wagen­uten­silien, Ornate ehe­ma­li­ger Tolli­täten.

Museum, Mainz

Main­zer Fast­nachts­mu­seum

Alles, was für die Main­zer Fast­nacht typisch ist: Narren­kappen, Kostüme, Orden, Uni­formen, die „Schwell­köpp”, die „Bütt” mit der Eule, Aus­schnitte aus über 60 Jahren Fernseh­fast­nacht, alle Mainzer Stim­mungs­hits.

Museum, Nassereith

Fas­nacht­museum

Nasse­reither Fas­nacht, „Scheller­laufen”, Masken (mit über 300 Masken größter Bestand im alpen­ländi­schen Raum, u.a. vom Nasse­reither Künstler Franz Josef Krane­witter), Kostüme, Schellen, Fotos.

Museum, Bad Dürrheim

Fast­nachts­museum Narren­schopf

Masken, Narren­kleidung, Narren­zünfte.

Verantw. gem. §55 Abs 2 RStV:
Rainer Göttlinger
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