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Die Musiker der Deutschen Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz haben soeben in der Halle mit der gewaltigen russischen Raumfähre „Buran” Platz genommen. Die Spannung steigt. Zuhörer wie Kameraleute harren der Dinge, die an diesem besonderen Abend in diesem einzigartigen Ambiente zu Gehör gebracht werden sollen.
Obwohl mehrere hundert Menschen anwesend sind, herrscht minutenlang eine Stille fast wie draußen im All, zu dessen Erforschung die Buran erdacht und gebaut worden war. Dann endlich betritt Dirigent Michael Francis die Szene, und sofort brandet Beifall auf, gefolgt von neuerlicher Spannung, denn gleich werden hier die ersten Klänge der sinfonischen Dichtung „Also Sprach Zarathustra” erklingen – jener Musik, die durch Stanley Kubricks Kultfilm „2001 Odyssee im Weltraum” populär wurde. Auch in diesem SF-Klassiker geht es ja um die Erforschung des Weltraums mithilfe von Raumfähren und Raumstationen.
Also sprach Zarathustra
Und so fügt sich alles, was just in diesem Moment mit einem Tremolo der tiefen Streicher beginnt und sich im bekannten C-G-c-Crescendo fortsetzt, zu einem Gesamterlebnis, das wohl nur an diesem speziellen Ort und mit diesem ikonisch-klassischen Werk möglich ist. Und während sich nun die Motive der etwa halbstündigen sinfonischen Dichtung entwickeln und mal Harfen und Oboen und dann wieder Blech und Pauken die Ohren der Zuhörer betören, schweifen die Blicke hinauf zum schwarz gekachelten Hitzeschild der Buran und weiter bis ganz nach oben, wo unter der Hallendecke ein Modell der internationalen Raumstation ISS hängt.
Die Raumfahrthalle ist ein Teil des Technikmuseums Sinsheim-Speyer und veranschaulicht die Geschichte der bemannten Raumfahrt von ihren Anfängen bis zu den aktuellen Missionen der raumfahrenden Nationen. Breiten Raum nehmen hier vor allem die Missionen der NASA ein, beginnend mit den ersten bemannten Raumflügen und dem vorläufigen Höhepunkt der ersten Mondlandung, als zum ersten Mal Menschen einen fremden Himmelskörper betraten. Die Mondfähre ist in originaler Größe aufgebaut und deutlich massiger als man sie von den Fernsehbildern her zu kennen glaubt. Zu ihrer Rechten steht das Mondauto der Apollo-Missionen 15, 16 und 17, und in einer kleinen Vitrine darf ein Stück Mondgestein bestaunt werden. Zu den weiteren Exponate der Halle zählen ein originalgroßes Modell des Kolumbus-Moduls der ESA als Beitrag zur Internationalen Raumstation sowie Modelle diverser Raketen und Raumflugkörper in den verschiedensten Maßstäben.
Zugegeben, das ISS-Modell sieht deutlich anders aus als die Raumstation aus dem Film, und es gibt da oben auch bis heute kein Hilton-Hotel. Aber der Prototyp der russischen Buran-Raumfähre hat mit 25 Atmosphärenflügen tatsächlich am Rand des Weltraums gekratzt und stellt so eine authentische Verbindung her nicht nur zur Strauss’schen Musikschöpfung nach Friedrich Nietzsche, sondern eben auch zur Geschichte der menschlichen Evolution als der Haupthandlung des Films von 1968. Und ist nicht auch die Reihe der um die Bühne herum platzierten Filmleuchten ein visuelles Zitat? Im Film beleuchten sie eine von Forschern auf dem Mond ausgehobene Grube, wo in 12 Metern Tiefe ein Exemplar jenes geheimnisvollen Monolithen gefunden wurde, dessen Abmessungen ihn als Produkt intelligenter Wesen ausweisen.
Die Planeten
Nach der Konzertpause steht mit „Die Planeten” von Gustav Holst ein weiteres Orchesterwerk mit astronomischem Bezug auf dem Programm. Der Komponist, der sein wohl bekanntestes Werk erst etw 20 Jahre nach Strauss’ „Zarathustra” komponierte, orientiert sich allerdings nicht an der Astronomie des Sonnensystems, sondern an der mythologischen Bedeutung der Planeten-Götter: der kriegerischen Gewalt des Mars, der Fröhlichkeit des Jupiter oder der Mystik des Neptun. Hierfür fährt der Komponist alle Klangfarben auf, die ein Orchester zu bieten hat, ergänzt durch einen wortlosen Frauenchor und allerlei Schlagwerk. Die Tonsprache ist spätromantisch, aber weist mit ihren emotionalisierenden Ausbrüchen schon deutlich in Richtung Hollywood und erinnert damit ein wenig an Hans Zimmers Musik zu „Interstellar”.
Der Frauenchor im sechsten und letzten Satz schließlich verläßt mit seinen sperrigen Harmonien und sphärischen Klängen nicht nur die romantische Tonalität, sondern auch die äußerste Grenze unseres Planetensystems und leitet über zu jenen „unendlichen Weiten”, die ja bereits der Titel dieses wirklich außergewöhnlichen Konzerts in Aussicht stellte.
Wilhelmsbau
Normales Museumspublikum war zu dieser späten Stunde übrigens nicht mehr zugegen. Wer die Raumfahrthalle und die anderen, nicht minder interessanten Teile des Museums besuchen will, kann das aber während der regulären Öffnungszeiten tun. Die Musik, die zu diesen Zeiten die Hallen füllt, ist dann freilich eine ganz andere, denn sie kommt aus den mechanischen Musikautomaten, die Teil der Dauerausstellung sind. Insbesondere sei hier der historische Wilhelmsbau mit seinen zahlreichen Orchestrien genannt, die sich durch Einwurf einer Euromünze in Betrieb setzen lassen und dann raumfüllend zum besten geben, was auf ihren Walzen und Lochstreifen kodiert ist. Aber das ist eine andere Geschichte und soll ein anderes Mal erzählt werden.
Museum, Speyer
Vollautomatische Großorchestrien, Flötenuhren und Spieldosen, historische Waffen und Uniformen, Kleidungsstücke und Puppen, „Rock’n’Roll” Zimmer.
Museum, Sinsheim
Exponate und Raritäten aus dem Gesamtgebiet der Technikgeschichte. Tupolev TU 144 und Concorde (jeweils begehbar), American Dream Cars Collection, weitere Oldtimer, Formel-1, Motorräder, weitere Flugzeuge.
Museum, Luzern
Meistbesuchtes Museum der Schweiz. Über einhundert Original-Flugzeuge, Lokomotiven, Straßenfahrzeuge, Seilbahnen und Schiffsmodelle. Ausstellungen über Kommunikation und die Raumfahrt. Filmheater, Planetarium. Hans Erni Museum.
Museum, Speyer
Exponate und Raritäten aus dem Gesamtgebiet der Technikgeschichte. Begehbare Boeing 747, Flugzeuge und Hubschrauber, die Raumfähre Buran, Oldtimer aller Epochen, Motorräder, Feuerwehr, Loks, eine Welte Orgel sowie im Wilhelmsbau Musikinstrumente, Puppen und Uniformen.
Museum, Speyer
Umfassendste Darstellung der Geschichte der Pfalz in einem 1910 eingeweihten, vierflügeligen Gebäude in unmittelbarer Nähe des Doms. Domschatzkammer. Vorgeschichte, Römerzeit, Mittelalter, Neuzeit. Wein. Über 900.000 Exponate. Domschatz.
Museum, Speyer
Archäologische Exponate der drei wichtigsten Säulen der jüdischen Gemeinde: Synagoge, Ritualbad, Friedhof.
Aquarium, Speyer
Von Stichlingen über Störe, Forellen, Seepferdchen, Rochen bis hin zu Haien treffen die Besucher im SEA LIFE Speyer auf eine Vielzahl von Bewohnern unserer Flüsse, Seen und Meere. Sie folgen dem Lauf des Rheins von seinem Ursprung bis zu seiner Mündung.
Museum, Speyer