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5.5.2024
(modifiziert)
Ludwig Erhard zu „Ludwig Erhard Zentrum (Museum)”, DE-90762 Fürth
Ludwig Erhard mit seinem Buch „Wohlstand für Alle”, 28. Januar 1957
© Doris Adrian/Bundesregierung
Geburtshaus zu „Ludwig Erhard Zentrum (Museum)”, DE-90762 Fürth
Jeep zu „Ludwig Erhard Zentrum (Museum)”, DE-90762 Fürth
Lichtschaltereffekt zu „Ludwig Erhard Zentrum (Museum)”, DE-90762 Fürth
Wirtschaftswunderland zu „Ludwig Erhard Zentrum (Museum)”, DE-90762 Fürth
Multimediawand zu „Ludwig Erhard Zentrum (Museum)”, DE-90762 Fürth
Personalausweis zu „Ludwig Erhard Zentrum (Museum)”, DE-90762 Fürth
Hoerl zu „Ludwig Erhard Zentrum (Museum)”, DE-90762 Fürth
Ludwig-Erhard-Figur von Ottmar Hörl vor der Fassade des LEZ

Museum

Ludwig Erhard Zentrum

Ganzjährig:
Di-Fr 9-18 Uhr
Sa-So+Ft 10-18 Uhr
letzter Do/Mt 9-21 Uhr
20. Dez bis 6. Jan:
geschlossen

Ludwig Erhard zählt zu den wichtigsten Persönlichkeiten der deutschen Nachkriegsgeschichte. Der erste Bundeswirtschaftsminister und zweite Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland ist als der „Vater des deutschen Wirtschaftswunders” tief im kollektiven Gedächtnis verwurzelt, und sein Konzept der Sozialen Marktwirtschaft steht bis heute für Erfolg und Wohlstand unserer Gesell­schaft.

Das Ludwig Erhard Zentrum (LEZ) versteht sich als interaktiver Lernort und offener Raum des Dialogs über Zeitgeschichte, Wirtschaft und Politik. Seine Dauerausstellung lädt ein, die Person und den Staatsmann Ludwig Erhard kennenzulernen, Zeitgeschichte zu entdecken und Soziale Marktwirtschaft zu erleben. Sie verteilt sich auf zwei Gebäude, das Geburtshaus und den Neubau gegen­über.

Geburtshaus

Im Geburtshaus beginnt die Ausstellung im zweiten Obergeschoss, der ehemaligen Wohnung der Familie Erhard. Sie führt chronologisch durch die zentralen Stationen und Weichenstellungen von Erhards Geburt über seine Kindheit bis hin zum Zusammenbruch Deutsch­lands 1945.

Der kleine Ludwig wurde am 4. Februar 1897 geboren. Die Mutter, eine geborene Hassold, stammte aus einer Handwerkerfamilie in der Stadt. Sein Vater, ein Bauernsohn aus der Rhön, betrieb im Erdgeschoss des Hauses ein Spezialgeschäft für Damenblusen, Schürzen, Hemden und Kinderkleidchen, alles auch nach Maß, sowie Bett- und Tischwäsche, Kleiderstoffe und Vor­hänge.

Fürths florierende Wirtschaft zog die Menschen an: 1840 hatte die Stadt noch 15.000 Einwohner, 1901 waren es bereits 55.000. Trotz wachsenden Wohlstands gab es soziale Probleme und große Armut. Reichskanzler Otto von Bismarcks Sozialreformen begründeten unser heutiges Sozialsystem mit Kranken-, Unfall- und Rentenversicherung, in die Arbeitgeber und Arbeitnehmer ein­zahlen.

Nationalismus, Wettrüsten, politische und wirtschaftliche Rivalitäten sowie das Kalkül, dadurch innere Probleme zu überwinden, führten 1914 zum Ersten Weltkrieg. Die Hoffnung auf einen raschen deutschen Sieg erfüllte sich nicht, Millionen von Soldaten wurden getötet oder grausam verstümmelt. Nach seiner Rückkehr erlebte Ludwig Erhard die Heimat im Umbruch.

1922 wurde Erhard Doktorand bei Franz Oppenheimer. Dieser verbrachte so viel Zeit wie möglich im Engadin. Seine mündliche Prüfung legte Erhard während einer gemeinsamen Wanderung im Engadin oberhalb von Pontresina ab.

Zurück in Fürth war der Kriegsversehrte nicht in der Lage, im Laden der Eltern zu arbeiten, suchte nach einer neuen beruflichen Perspektive, und promovierte schließlich an der Universität in Frankfurt am Main im Fach Wirt­schafts­wissen­schaft.

1923 heiratete er Luise Schuster. Im gleichen Jahr kam es zur Hyperinflation, der Staat entschuldete sich, aber Millionen Rentner und Sparer verloren alles, und auch das Geschäft der Erhards musste wenig später Konkurs an­melden.

Ludwig Erhards Anfangsjahre als Wissenschaftler unter dem Nationalökonomen Wilhelm Vershofen fielen zusammen mit dem Ende der Weimarer Republik. Ihr folgten der Kapitalismus und Dirigismus des NS-Staates, die Arisierungen, die Ausbeutung besetzter Länder und die menschenverachtende Zwangsarbeit. Am 8./9. Mai 1945 schließlich kapitulierte das Dritte Reich. Für die Bevölkerung stand das Überleben im Vordergrund, eine Auseinandersetzung über die jetzt unverhüllt sichtbar gewordenen NS-Verbrechen trat dem­gegen­über zurück.

Neubau

Im Neubau geht es um Ludwig Erhards Weg in die Politik: sein Wirken als Wirtschaftsminister und Bundeskanzler ebenso wie seine Idee der Sozialen Marktwirtschaft. Die Zeitumstände von 1945 bis heute werden lebensnah dargestellt und die Herausforderungen damals, heute und in der Zukunft vor Augen geführt.

Nach Kriegsende hielten wegen der staatlichen Preisfestsetzung viele Geschäfte ihre Waren zurück, die Schaufenster blieben leer. Mit dem Inkrafttreten der Währungsreform und der Aufhebung der Preisvorschriften änderte sich das schlagartig, und es kam zum

Lichtschaltereffekt:

Über Nacht füllten sich die Schaufenster mit all den gehorteten Waren, weil jetzt damit gutes Geld verdient werden konnte.

Der Zerfall der Weltkriegs-Siegerkoalition mündete rasch in die globale Konfrontation der neuen Hegemonialmächte USA und UdSSR. Es begann die Zeit des Kalten Krieges, und mehrfach blickte die Welt in den Abgrund der atomaren Ver­nich­tung.

Nach der Bundestagswahl 1949 wurde Erhard am 20. September 1949 als Bundesminister für Wirtschaft in die von Bundeskanzler Adenauer geführte Bundesregierung berufen. Der anhaltende wirtschaftliche Aufschwung festigte das Vertrauen in die Demokratie, Ludwig Erhard galt in der Bevölkerung bald als Vater des Wirtschaftswunders. Er selbst schätzte diesen Begriff nicht. In seinem populären Buch „Wohlstand für Alle” (1957) legte er seine Vorstellungen allgemeinverständlich dar: „der einzig gerechte demokratische Richter” sei der Konsument, der Staat setze und schütze nur die Rahmenbedingungen, sorge für Rechts- und Vertragssicherheit, garantiere Eigentum und Bildung und gewährleiste eine Absicherung für den Fall des Scheiterns im Wettbewerb. Weitere Voraussetzungen seien eine stabile konvertierbare Währung, niedrige Steuern, offene internationale Märkte sowie verantwortungsbewusste Unternehmer und Arbeiter.

Erhard und Adenauer

Ludwig von Erhards Verhältnis zu Konrad Adenauer war von einer kontinuierlichen Desillusionierung geprägt, die atmosphärischen Störungen zwischen den beiden erhielten durch handfeste Differenzen im Bereich der Wirtschafts- und Europapolitik ständig neue Nahrung. Die Spannungen verschärften sich Ende der 1950er-Jahre, als Ludwig Erhard die Kanzlernachfolge für sich zu bean­spruchen begann.

Im Frühjahr 1963 nominierte die CDU/CSU-Fraktion Ludwig Erhard zu ihrem Kandidaten, und am 15. Oktober 1963 wählt der Deutsche Bundestag ihn zum Bundeskanzler. Seinem Selbstverständnis nach agierte er als liberaler, überparteilicher Volkskanzler und stellte damit eine Art Gegenentwurf zur autoritären Kanzlerdemokratie Adenauers dar. Die Bundestagswahl 1965 gewann er fulminant für die Union.

Erhards kurzer Kanzlerschaft war jedoch, auch wenn die Aufnahme diplomatischer Beziehungen mit Israel und die Passierscheinabkommen mit der DDR positiv zu Buche schlugen, kein dauerhafter Erfolg beschieden. Besonders unrühmlich gestaltete sich das Ende: nach heftigen politischen Querelen und innerparteilichen Intrigen trat Ludwig Erhard am 1. Dezember 1966 zurück. Die Umstände seines Sturzes empfand er als bitter und schmerz­lich.

Nach dem Rücktritt begann 1966/67 die Umformung der Sozialen Marktwirtschaft zu einer staatlich finanzierten Konjunktursteuerung. Obwohl mit der kontinuierlich angehobenen Mehrwertsteuer eine immer stärker sprudelnde Finanzquelle erschlossen wurde, geriet der Staat damit rasch an die Grenzen seiner finanziellen Belastbarkeit. Die Staatsverschuldung begann anzusteigen, Inflation und Arbeitslosigkeit kehrten zurück, und Zukunftssorgen im Zeichen der „Grenzen des Wachstums” traten an die Stelle des Fortschrittsoptimismus der Wirt­schafts­wunder­jahre.

Ludwig Erhard hat die Schattenseiten dieser Entwicklung noch gesehen. Zusammen mit dem sozialdemokratischen Starökonomen Karl Schiller warnte er 1972 in einer großen Anzeigenserie vor der Verformung seiner Sozialen Marktwirtschaft. Es war sein letzter öffent­licher Appell.

Nach seinem Rücktritt als Bundeskanzler gehörte er weiter dem Bundestag an und wurde 1972 und 1976 dessen Alterspräsident. Ludwig Erhard starb am 5. Mai 1977 in Bonn und wurde nach einem Staatsakt in Gmund am Tegernsee bei­ge­setzt.

Musée sentimental

Die in einem Nebenraum gezeigten authentischen Bilder und Objekte von Ludwig Erhard gelangten auf verschlungenen Pfaden nach Fürth: im Juni 1993 wurde in Bonn eine „Wohnungsauflösung” offeriert mit Ludwig Erhards Antiquitäten, Silberbesteck, teurem Geschirr, Gemälden, Ehrendoktorhüten und Talaren, Staatsgeschenken, dem Frack, in welchem Erhard zum Bundeskanzler vereidigt wurde, seinem Personalausweis und einem bedeutsamer Zettel mit Hinweisen zu einem Geldversteck. Der Bonner Kunsthändler F. W. Ocken­fels kaufte.

Die Wogen über diesen spektakulären Verkauf an einen Privatmann schlugen hoch, denn die Museen gingen leer aus. Fast drei Jahrzehnte nach diesem ersten Verkauf und einer Odyssee, die nur die Stücke selbst erzählen könnten, gelang dem Ludwig Erhard Zentrum der Coup, den Nachlass aus Südafrika zu erwerben.

Der Verfasser hat das LEZ am 28.9.2022 besucht.

POI

Bis 19.12.2024, im Haus

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Jüdi­sches Museum Franken in Fürth

Judaika und Alltags­gegen­stände. Ge­schich­te und Gegen­wart jüdi­schen Lebens, sozialer und wirtschaftlicher Wandel für Juden im 19. Jahrhundert. Histo­ri­sche Mikwe (1702), Laub­hütte (19. Jh.) und auf­wän­dige Stuck­ar­bei­ten.

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1000-jährige Ent­wick­lung vom agrar­orien­tier­ten Markt­flecken zur moder­nen Industrie- und Handels­stadt, mit Schwer­punkt auf der Wirt­schafts­ge­schichte des 19. und 20. Jahr­hun­derts. National­sozia­lismus, Wirt­schafts­wunder­zeit, Ludwig Erhard, Max Grundig, Gustav Schickedanz, Grünes Fürth.

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Die Jubi­läums­aus­stellung zeichnet den Aufstieg von PLAY­MOBIL zum Kult­spiel­zeug nach und lädt zugleich zu einer Reise durch die tradi­tions­reiche Geschichte der Zirndorfer Firma geobra Brand­stätter ein.

Bis 7.1.2025, Nürnberg

Die letzte Fahrt

Im Zentrum der Aus­stellung stehen die spekta­kulärer Funde aus dem Wagen­grab: einzig­artige Über­reste von Beigaben, die meist zu­sammen mit dem Toten ver­brannt wurden.

Verantw. gem. §55 Abs 2 RStV:
Rainer Göttlinger
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