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28.5.2022
Gruppenbild zu „Nachhaltigkeit zu jeder Zeit”,
Gruppenbild Netzwerk Freilichtmuseen in Bayern
Foto: Infopoint Wieshuber

Besuchsbericht

Nachhaltigkeit zu jeder Zeit

Das Netzwerk „Freilichtmuseen in Bayern”

Netzwerk Freilichtmuseen in Bayern
9. Mai 2022

Die bayerischen Freilichtmuseen, acht an der Zahl, entstanden ab den 1960er- und 1970er-Jahren alle aus einer ähnlichen Motivation heraus: weil es noch keinen Denkmalschutz gab, wurden im Freistaat viele alte Gebäude und Bauernhöfe abgerissen. Menschen wollten lieber komfortable Einfamilienhäuser bewohnen.

Das hat damals zum Glück eine Gegenbewegung ausgelöst: einige, besonders schöne Häuser sollten gerettet und die bäuerlich-ländliche Kultur bewahrt werden. Die Lösung war, interessante Bauten ab- und an anderer Stelle auf freien Flächen draußen wiederaufzubauen.

Um sich gemeinschaftlich besser zu positionieren und die Verknüpfung mit dem Tourismus in Bayern zu intensivieren, haben sich die Freilichtmuseen in Bayern 2019 zu einem Netzwerk zusammengeschlossen. Seitdem werden Projekte entwickelt und durchgeführt, die sowohl die Vielfalt der bayerischen Freilichtmuseen, als auch deren besondere Alleinstellungsmerkmale präsentieren. Aktuell geht es dabei um Nachhaltigkeit.

Nabburg

Nachhaltige Bildungsprogramme zu Kreislaufwirtschaft, Biodiversität und Umweltbildung: das findet sich an jeder Ecke im Freilandmuseum. Bei Führungen und Workshops erkunden Besucher jeglichen Alters die verschiedenen Lebensräume wie die Museumsgärten und sehen die Artenvielfalt im Museumsgelände. Einen besonderen Stellenwert nimmt im Freilandmuseum Oberpfalz die ökologische Dimension der Nachhaltigkeit ein. Als staatlich anerkannte Umweltstation ist es zum einen ein anerkannter Träger der Umweltbildung. Zum anderen richtet sich das Museum selbst konsequent ökologisch aus. Das derzeit im Bau befindliche museumspädagogische Gebäude wird mit Hölzern aus dem eigenen Wald errichtet.

Fladungen

Auch das Fränkische Freilandmuseum Fladungen ist mit dabei und zeigt nicht nur ein besonderes Nachhaltigkeitsthema, sondern auch eine Herzens-Angelegenheit: es geht um Inklusion. Gesellschaften sind nur dann nachhaltig, wenn alle Bevölkerungsgruppen – und somit auch Menschen mit besonderen Bedürfnissen – teilhaben können. Diese Botschaft ist in Fladungen ganz zentral, und das Museum setzt sich aktiv dafür ein, diese Haltung in der Gesellschaft weiter voranzutreiben. Neben Tastplänen, Hands-on-Stationen und Leitlinien lädt auch ein umfangreicher Audioguide mit inklusiven Rundgängen zum Entdecken des Museums ein.

Bad Windsheim

Ob zur vielfältigen Versorgung und Verwendung im Dorfweiher oder Bach, als innovative Idee bei den Wässerwiesen, als Untersuchungsobjekt unter dem Mikroskop oder als nachhaltiger Energielieferant wie bei Hydraulischem Widder, Mühlen & Co.: Wasser ist eine lebenswichtige und besonders vielseitige Ressource! Rund um das kühle Nass, das gleichzeitig auch Lebensraum für viele (Kleinst-)Lebewesen ist, dreht sich der Beitrag des Fränkischen Freilandmuseums des Bezirks Mittelfranken in Bad Windsheim. Die Angebote verfolgen u.a. die Grundsätze der „Bildung für nachhaltige Entwicklung” und möchten Fragen aufwerfen. Wie ging man früher mit der Umwelt und den Ressourcen um? Und was kann man aus der Vergangenheit für die Zukunft lernen? In Bad Windsheim können Besucher:innen Antworten und Anregungen für das eigene Handeln finden.

Illerbeuren

Im Schwäbischen Bauernhofmuseum Illerbeuren bleiben nicht nur historische Bauten erhalten. Auch sämtliche Bauerngärten, ein Spaliergarten, Streuobstwiesen, Musterfelder mit alten Getreidesorten und Feldfrüchten, Baumhecken und Feldholzinseln, Wasserbiotope und Waldflächen finden im Museum ihren Platz. Dadurch schützt und fördert das Museum Ökosysteme und Landschaftsstrukturen. Neben Obstbäumen und anderen Pflanzen sind auch Bienen in Illerbeuren zu Hause. Verschiedene Bienen-Arten sind sehr gefährdet und müssen unbedingt geschützt und erhalten bleiben. Sie bestäuben 80 Prozent der heimischen Pflanzen und sind notwendig für den Erhalt der ökologischen Artenvielfalt. Und damit nicht genug: die Biene ist auch noch das drittwichtigste Nutztier in der Landwirtschaft.

Glentleiten

Beim Freilichtmuseum Glentleiten geht es um die Ernährung. Was früher auf den Tisch kam, war nämlich meist keine Frage des Geschmacks. Verarbeitet wurde vorrangig das, was selbst angebaut wurde. Die Ernährung war dabei wenig abwechslungsreich. Ein sogenannter Physikatsbericht aus dem Landgericht Tölz nennt Milchprodukte, daneben Dörrobst, eingesalzenes Kraut, weiße Rüben, Mus aus Milch und Mehl sowie Schmalzgebackenes, kaum Kartoffeln und nur an hohen Festtagen Fleisch. Die Gärten, Felder und der Krautacker an der Glentleiten sind Zeugen dieser bäuerlichen Selbstversorgung. In Führungen und Aktivprogrammen, dem „Blick über den Gartenzaun” oder an Veranstaltungstagen wie dem Dreschtag stehen die Themen Ernährung, Selbstversorgung und Vorratshaltung im Freilichtmuseum im Mittelpunkt.

Amerang

Vielfältige Beispiele für klimagerechtes Bauen im ländlichen Raum finden sich auch im Bauernhausmuseum Amerang: die historischen Gebäude wurden nachhaltig errichtet und über den gesamten Lebenszyklus bewirtschaftet. Ihre Baumaterialien stammten zumeist aus der direkten Umgebung, wie das Holz aus dem nahen Wald, das Stroh aus dem örtlichen Getreideanbau oder Lehm und Steine aus regionalen Steinbrüchen und Lehmgruben. Die Museumsgebäude weisen unterschiedliche Schadensbilder auf. Bei der fachgerechten Sanierung der Häuser kommen nur Stützen oder Verbindungen aus Metall zum Einsatz, wenn es statisch notwendig ist. Das Bauernhausmuseum Amerang des Bezirks Oberbayern zeigt Lösungen zum Erhalt und Ertüchtigung der historischen Gebäude.

Massing

Viele alte Häuser und Höfe zeugen vom achtsamen Umgang mit Bausubstanz. Dabei geht aber nicht nur ums Sanieren, wie in Amerang, sondern genauso um die ursprüngliche Bausubstanz der Häuser. Im Freilichtmuseum Massing bildet der neueste „Zugang”, die 2018 translozierte und seitdem im Wiederaufbau befindliche Görgenmannsölde, dabei keine Ausnahme. Jahrhundertelang wurde hier Nachhaltigkeit praktiziert, altes mit neuem verbunden und alte Bausubstanz weiter- und wiederverwendet. Nur so ist es möglich, dass selbst Blockwandreste und Deckenbalken aus dem 16. Jahrhundert bis heute erhalten blieben. In wenigen Monaten können sich die Besucher selbst ein Bild davon machen, denn Ende Juli 2022 ist es endlich soweit und das Paradebeispiel des nachhaltigen Bauens wird in Massing eröffnet.

Finsterau

Muss man eine Schürze mit Löchern wegwerfen, oder gibt es dafür vielleicht doch noch eine andere Verwendungs­möglichkeit? Diese Fragen stellt das Freilichtmuseum Finsterau. Auf dem Land wurden Stoffe, Kleider und Schuhe immer weiterverarbeitet. Und wenn die eingangs beschriebene Schürze nicht mehr zu flicken war, dann wurde der Stoff eben zerschnitten und als Putzlappen weiterverwendet. Von Kopf bis Fuß nachhaltig kann man da nur sagen. Bei den pädagogischen Programmen „Wo drückt der Schuh?” und „Was erzählt mein Kleiderschrank?” geht das Museum auf die Herstellung und die Nachhaltigkeit von Schuhen und Kleidung ein. Die Programme sind nach den Leitsätzen der „Bildung für nachhaltige Entwicklung” konzipiert und regen dazu an, das eigene Konsumverhalten zu überdenken.

Infopoint

Jedes der acht Museen präsentiert derzeit mit Fahnen und vielen Exponaten im Münchner Infopoint Museen & Schlösser im Alten Hof einen Aspekt der Nachhaltigkeit in Freilichtmuseen: ländliche Vielfalt aus ganz Bayern zu Gast in der Landeshauptstadt, zu sehen bis zum 28. Mai 2022.

POI

Museum, Nabburg

Frei­land­museum Ober­pfalz

Ge­lände mit 50 wieder­er­rich­te­ten Ge­bäu­den des länd­lich-bäuer­lichen Raums der Ober­pfalz, die fünf Ober­pfälzer Haus­land­schaf­ten zu­ge­ord­net und mit Gegen­stän­den der Alltags­kultur ein­ge­rich­tet sind. Vor­ge­schichts-Samm­lung.

Museum, Fladungen

Fränki­sches Freiland­museum Fladungen

Dörf­liche Kultur in Unter­franken. Acht bäuer­liche Hof­stellen und Tag­löhner­häuser sowie die für Unter­franken so typi­schen Ge­meinde­bauten wie Kirche, Dorf­wirts­haus und Ge­meinde­brau­haus.

Museum, Bad Windsheim

Fränk. Frei­land­mu­seum

Kultur­ge­schich­te und Volks­kunde der länd­lichen Be­völ­ke­rung vom Spät­mittel­alter bis in die Gegen­wart. Eines der größ­ten Frei­licht­museen Bayerns.

Museum, Kronburg

Schwä­bisches Bauern­hof­museum Iller­beuren

Älte­stes Frei­licht­museum in Bayern mit in situ ver­blie­be­nen Bauern­häusern und trans­fe­rier­ten Bauten. Breite Über­sicht über histo­rische Bau­weisen in Baye­risch-Schwaben und dem Allgäu, tradi­tio­nelle Nutz­tier­rassen und Pflanzen­sorten.

Museum, Großweil

Freilicht­museum Glent­leiten

Vom Korn zum Brot, vom Haus­brun­nen zum Wasser­hahn: im größten Freilichtmuseum Südbayerns machen original erhaltene Gebäude die Arbeitswelt, die Bräuche und Traditionen, aber auch die Baukunst der Menschen Oberbayerns begreifbar.

Gebäude, Amerang

Bauern­haus­museum Amerang

Aus­ge­wähl­te Bei­spie­le von Bauern­höfen mit Neben­ge­bäuden des öst­lichen Ober­bayern, Ge­bäude des länd­lichen Hand­werks: Säge­mühle, Schmiede, Sei­lerei, Wag­nerei, Ge­treide­mühle.

Museum, Massing

Nieder­baye­risches Frei­licht­museum

Länd­liches Sied­lungs­wesen Nieder­bayerns: Bauern­höfe, Bauern­häuser, Volks­kunde, Möbel, Öfen, land­wirt­schaft­liche Geräte.

Museum, Finsterau

Frei­licht­museum Finsterau

Länd­li­ches Sied­lungs­wesen Nie­der­bayerns.

München

Info­point

Aktuelle und umfas­sende Infor­ma­tionen zur Museums­vielfalt und zum Schlösser­land Bayern, persön­liche und indivi­duelle Beratung, Angebote zur selb­stän­digen Recherche, Veran­staltungs­forum.

Verantw. gem. §55 Abs 2 RStV:
Rainer Göttlinger
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