Beitrag v.
5.1.2024
(modifiziert)
 zu „Stadtmuseum Herzogenaurach (Museum)”, DE-91074 Herzogenaurach
Das Museumsgebäude am Herzogenauracher Kirchenplatz stammt aus dem Jahr 1508
Foto: Stadt Herzogenaurach
Urkunde zu „Stadtmuseum Herzogenaurach (Museum)”, DE-91074 Herzogenaurach
Urlunde, Handschrift auf Pergament, anhängend das Siegel des Bischofs, 1451
Ackerbürger zu „Stadtmuseum Herzogenaurach (Museum)”, DE-91074 Herzogenaurach
Pfründnerin zu „Stadtmuseum Herzogenaurach (Museum)”, DE-91074 Herzogenaurach
Einzug einer Pfründnerin
Artzneybuch zu „Stadtmuseum Herzogenaurach (Museum)”, DE-91074 Herzogenaurach
Artzneybuch, Tübingen, 1595
Webstuhl zu „Stadtmuseum Herzogenaurach (Museum)”, DE-91074 Herzogenaurach
Handwebstuhl, vierschäftig, gefertigt von Heinrich Höhne um 1925/1927, Herkunft: Frankenwald
 zu „Stadtmuseum Herzogenaurach (Museum)”, DE-91074 Herzogenaurach
Ein Fußballstiefel aus der Zeit als die Brüder Rudolf und Adolf Dassler in Herzogenaurach noch gemeinsam Sportschuhe fertigten
Foto: Stadt Herzogenaurach
Störcher, Heilige Familie zu „Stadtmuseum Herzogenaurach (Museum)”, DE-91074 Herzogenaurach
Heilige Familie, Michael Störcher, 2. Hälfte 19. Jahrhundert, Öl auf Leinwand

Museum

Stadtmuseum Herzogenaurach

Ganzjährig:
Do 17-20 Uhr
Sa-So+Ft 14-17 Uhr

Im Gebäude des spätmittelalterlichen Pfründnerspitals wird auf drei Stockwerken das Leben der Ackerbürger im bischöflichen Landstädtchen, die Organisation des städtischen Gemeinwesens und die wirtschaftliche Entwicklung der Stadt bis hin zum Strukturwandel der Gegenwart ausgebreitet. Der Schwerpunkt liegt dabei auf dem Textilhandwerk, der bürgerlichen Wohnkultur, der Schuhherstellung samt Sportschuhindustrie sowie der Volksfrömmigkeit und der sakralen Bildkunst vom Mittelalter bis ins 20. Jahr­hundert.

Stadtwerdung

Die Anfänge Herzogenaurachs reichen zurück bis in die karolingische Zeit. Am Fluss Aurach entstand ein gleichnamiger Königshof, der erstmals 1002 urkundlich erwähnt wird. Das Rechtsbuch des Bamberger Bischofs Friedrich von Hohenlohe beschreibt „Herzog Awrach” im Jahr 1348 erstmals als Stadt.

Die Stadtmauer bot den Bewohnern Schutz in Kriegszeiten und bei Überfällen, ihre Mauern und Türme bildeten weithin sichtbare Wahrzeichen. Die meisten Bürger waren auf einen landwirtschaftlichen Nebenerwerb angewiesen, Viehzucht und Teichwirtschaft spielten eine wichtige Rolle, die Hungerkatastrophe von 1771 hatte einen verstärkten Anbau von Kartoffeln zur Folge.

Stattliche Ackerbürgerhäuser mit Aufzugserkern und Tordurchfahrten zeigen die typische Mischung aus städtischem Bürgerstolz und landwirtschaftlicher Hofhaltung noch heute.

Kirchliches Leben

1489 umfasste die Pfarrei 22 Ortschaften mit drei Filialkirchen. Während neun dieser Orte nach der Reformation zur neuen Lehre übertraten, blieben die Herzogenauracher beim katholischen Glauben.

Nach dem Dreißigjährigen Krieg fanden Wallfahrten zu den weit entfernten Gnadenorten Gößweinstein und Dettel­bach großen Zulauf.

Im Zentrum der Hausandacht stand oft ein Herrgottswinkel. Theologie und kirchliche Tradition definierten die Inhalte, der Übergang zwischen Glauben und Aberglauben war jedoch mitunter fließend: Gläubige legten Andachtsbilder als Heilpflaster auf kranke Körperteile oder mischten sie als Schluckbildchen dem Vieh ins Futter.

Pfründner

Das von Conrad Reyter und seine Frau Anna 1508 gestiftete Pfründnerspital zur Versorgung alter und behinderter Bürger war mit umfangreichen Besitztümern ausgestattet und blieb bis ins 19. Jahrhundert die wichtigste Einrichtung der städtischen Sozial­für­sorge.

Die Pfründe garantierten ein Dach über dem Kopf, Brennholz und Kerzen, zwei tägliche Mahlzeiten, Pflege bei Krankheit und ein christliches Begräbnis. Beim Einzug brachten die Pfründner ihre persönliche Habe wie Hausrat, Möbel, Bettzeug und Kleidung mit in das Spital. Nach ihrem Tod fiel ihr gesamtes Eigentum, also auch der Haus- und Grundbesitz, an die Stiftung.

Zünfte

Die Zünfte hatten in der vorindustriellen Zeit eine zentrale Funktion in der Stadt. Sie regelten die Ausbildung von Lehrlingen und Gesellen, überwachten die Qualität der Erzeugnisse und verhinderten unliebsame Konkurrenz. Den Handwerkern und ihren Familien boten sie sozialen und gesellschaftlichen Rückhalt und Unterstützung in Not­lagen.

Das Zunftbrauchtum zeigte einen auffallenden Hang zum Zeremoniellen, die oft aufwändig gestaltete Zunfttruhe war ihnen eine Art Heilig­tum.

Tuchmacher

Als einzige arbeiteten die Herzogenauracher Tuchmacher schon seit dem Mittelalter auch für den Export und belieferten die Handelshäuser und Märkte Nürnbergs.

Für jeden Tuchmacher arbeiteten mehrere Weberfamilien in Hausindustrie. Spinnen und Weben waren schlecht bezahlte Tätigkeiten, die für ein gesichertes Auskommen die Mitarbeit der gesamten Familie erforderten: in jedem zweiten Herzogenauracher Haus stand ein Handwebstuhl, die Holzgestelle zum Trocknen der bunt gefärbten Stoffe gehörten jahrhundertelang zum Stadtbild.

Beim Positivdruck wurden die fertigen Tafelfarben mittels hölzerner Druckstempel, den sogenannten Modeln, direkt auf das Gewebe aufgebracht und nach dem Trocknen mit Wasserdampf haltbar gemacht. Der Negativdruck fand überwiegend in der Blaufärberei Verwendung, hier wurde zunächst der sogenannte Papp auf das Gewebe aufgebracht, beim anschließenden Färben nahmen diese Stellen dann keine Farbe an.

Die Farbstoffgewinnung aus Pflanzen, Tieren und Mineralien war langwierig und teuer, der Färbevorgang erforderte viel Zeit und große Sachkenntnis im Umgang mit den oft giftigen oder ätzenden Stoffen. Färben war zudem ein sehr geruchsintensiver und umweltbelastender Prozess.

Die Tuchmacher führten ihr Gewerbe bis ins 19. Jahrhundert nahezu unverändert fort, ihr Festhalten am Handwebstuhl führte, als in England durch den Einsatz von Maschinen weit schneller und billiger produziert werden konnte, schließlich zum raschen Aussterben des Tuch­gewerbes.

Mit diesem Niedergang und der Verfügbarkeit elektrischen Stroms gewann in Herzogenaurach zunehmend die Schuhfertigung an Bedeutung, viele erwerbslose Tuchmacher sattelten auf die Schuhherstellung um. Sandalen, Halbschuhe, Winterstiefel und Arbeitsschuhe ließ die Schuhindustrie florieren und brachte der Stadt den Beinamen „Fränkisches Pirmasens” ein.

Krisenjahre

Die Goldenen Zwanziger Jahre gingen an Herzogenaurach spurlos vorbei. Während des Zweiten Weltkriegs blieb die Stadt trotz der Nähe des Fliegerhorsts von Bombardierungen verschont, doch ließen Krieg und Vertreibung die Einwohnerzahl bis 1947 um mehr als 40 Prozent steigen.

Schaeffler-Werke

Die Brüder Dr. Wilhelm Schaeffler und Dr.-Ing. E.h. Georg Schaeffler gründeten 1946 in Herzogenaurach eine Firma, die zunächst Knöpfe, Gürtelschnallen, Leitern und Handwagen produzierte, nach Aufhebung der alliierten Beschränkungen jedoch auf Metallverarbeitung umstellte. Der erfolgreiche Weg des Unternehmens begann 1949 mit der Entwicklung des käfiggeführten Nadellagers. Die Brüder Schaeffler zählen seitdem zu den großen deutschen Wirtschaftspionieren der Nach­kriegs­zeit.

Gebrüder Dassler

Die sportinteressierten Brüder Rudolf und Adolf Dassler begannen in den Zwanziger Jahren damit, in der Waschküche ihrer Mutter Sportschuhe zu fertigen. Dank der neuartigen Idee, für jede Sportart den optimalen Schuh zu entwickeln, blieben Erfolge bei sportlichen Großereignissen nicht aus. Doch die Wiederaufnahme des Betriebs nach Kriegsende war geprägt von Streitereien, und die Brüder vollzogen den Bruch: Rudolf gründete 1948 „PUMA” und Adolf 1949 „adidas”.

Michael Störcher

Der Pfarrer und Maler schuf zahlreiche Altar- und Andachtsbilder. Seine Gemälde lehnen sich der Bildsprache der Nazarener an, die Heiligkeit der dargestellten Personen nahm den Alltagsszenen ihre Trivia­lität.

Maria Lerch

Die Bildhauerin fand über ein Studium an der Münchner Kunstgewerbeschule zur Bildhauerei, ihren monumentalen Werken wohnt ein tiefreligiöser Zug inne.

Luitpold Maier

Der 1887 in Herzogenaurach geborene Heimatforscher war Gründungsmitglied des Historischen Vereins und Mitinitiator des Stadtmuseums. Als Liebhaber und Sammler alter Dinge trug er eine umfangreiche und vielseitige Privatsammlung zusammen, seine Aufzeichnungen bilden noch heute eine unentbehrliche Grundlage der Stadt­ge­schichte.

Der Verfasser hat das Museum am 26.3.2022 besucht.

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Rainer Göttlinger
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