Vogelperspektiven
Vögel in Eiszeit und Kunst
Bis 6.11.22, Urgeschichtliches Museum, Blaubeuren
In den archäologischen Fundstellen im Ach- und Lonetal gibt es eine Vielzahl an Knochen, welche die damaligen Menschen in Höhlen hineingetragen haben, darunter viele Vogelknochen. Offensichtlich wurde das Fleisch der Vögel gegessen.
Doch die Tiere waren auch wichtige Rohstofflieferanten: berühmter Beleg sind die Flöten aus Röhrenknochen von Schwänen und Gänsegeiern, die aus den UNESCO-Welterbehöhlen der Schwäbischen Alb geborgen werden konnten.
Auch verarbeiteten die eiszeitlichen Jäger und Sammler Federn oder Krallen zu Schmuck. Und sie schnitzten Vogelfiguren aus Mammutelfenbein oder Rentiergeweih, ritzten sie in Schiefer oder malten sie auf Höhlenwände.
Die Ausstellung widmet sich diesen Vogeldarstellungen in prähistorischen Kunstwerken, aber auch der eiszeitlichen Vogelfauna. Sie wirft den Blick auf die besondere Bedeutung, welche Vögel für die Menschen vor 40.000 Jahren hatten: der Ruf der Singschwäne auf ihrem Durchzug kündete für die Jäger und Sammler vom Wechsel der Jahreszeiten. Die Menschen der Steinzeit waren ständig auf Empfang für die Regungen der gefiederten Botschafter im eiszeitlichen Lebensraum.“
In der Archäologie dienen unter anderem gefundene Vogelknochen dazu, die Umwelt in der Umgebung einer Fundstelle zu rekonstruieren. Für das Geißenklösterle bei Blaubeuren-Weiler sind Alpenschneehühner am zahlreichsten nachgewiesen. Wie auch Moorschneehühner, Rebhühner und Großtrappen leben sie gern in Steppen mit Wiesen oder Heiden mit Sträuchern. Anhand dieser und weiterer Knochenfunde etwa von Wald- und Wasservögeln wie Kernbeißer, Eichelhäher, Singschwan oder Gänsegeier ergibt sich für die Altsteinzeit im Achtal eine offene, felsige Landschaft mit wenig Wald und generell wärmeren Sommern als heute. Letzteres belegen auch die damals ansässigen Stein- und Felsenschwalben, die heute nördlich der Alpen nicht mehr vorkommen.
Neben ökologischen Aspekten wirft die Ausstellung einen Blick auf Vogeldarstellungen der Eiszeitkunst. Der aus Mammutstoßzahn geschnitzte Wasservogel aus dem Hohle Fels, dessen Original im urmu ein Zuhause gefunden hat, ist zwar die älteste bekannte Vogeldarstellung, er ist aber nicht die einzige. Auch in den für ihre Höhlenmalereien berühmt gewordenen französischen Fundstätten Grotte Chauvet und Lascaux finden sich Vogeldarstellungen.
Die Ausstellung zeigt Nachbauten der aus Mammutelfenbein geschnitzten fliegenden Schwäne aus der sibirischen Fundstelle Mal’ta oder Repliken der fast karikaturhaften Ritzungen von Rabe, Huhn und Schwan auf Schieferplatten aus dem rheinischen Gönnersdorf. Skizzenhafte Fragmente posierender Vögel aus vielen Fundstellen, die für die Ausstellung auf Acrylglas nachempfunden wurden, belegen die außerordentliche Beobachtungsgabe und Kunstfertigkeit eiszeitlicher Jäger und Sammler.
Im Ausstellungsraum gibt es überdies Verborgenes zu entdecken: Besucher können mit Schwarzlichtlampen Jagd auf Vogelkunst machen.