Ausstellung 05.11.22 bis 06.05.23

Naturhistorisches Museum Norishalle, Nürnberg

Brot und Spiele

Massenunterhaltung in der Antike

Nürnberg, Naturhistorisches Museum Norishalle: Häufig kommt es heute bei Besuchern zu Ver­wechs­lungen der Bauten sowie der Ver­an­staltungen, die dort statt­ge­funden haben. Ein Wagen­rennen im Amphi­theater zum Beispiel war gar nicht möglich, da es dafür zu klein war.

Den Begriff „Brot und Spiele” verbinden wir heute mit prächtigen, aber oberflächlichen Spektakeln, welche die Menschen von wichtigen politischen Fragen ablenken sollen. Nichts könnte der antiken Denkweise aber ferner liegen: in den Massenveranstaltungen sowohl der Griechen in Theater und Stadion wie auch der Römer in Amphitheater und Circus manifestiert sich politische Macht und Einfluss der Menschen. Die Zuschauer gingen nicht einfach zur Unterhaltung ins Theater oder ins Amphitheater, in ihrem Bewusstsein war vielmehr der religiöse oder gesellschaftspolitische Bezug, den die Veranstaltungen hatten, stets prä­sent.

Das Theater in Athen war ein Spiegel der Volksversammlung der attischen Demokratie. Hier wurden, gerade vor den eigentlichen Aufführungen, die stets in einen religiösen Kult eingebunden waren, politische Demonstrationen der Stärke und Überlegenheit Athens präsentiert. Die Zuschauer feierten sich selbst und übten Kritik an bekannten Poli­ti­kern.

Im Amphitheater in Rom besaßen die Zuschauer direkten Einfluss, da die Menschen kollektiv über Leben und Tod der Gladiatoren entschieden. Wehe dem Ausrichter der Spiele oder auch dem Kaiser, der diese Meinung ignorierte! Hollywood hat uns gerade bei den Gladiatorenkämpfen und Wagenrennen das Bild eines entmenschlichten Pöbels vermittelt, der Ströme von Blut sehen wollte. Dies trifft aber in keiner Weise zu. Die Zuschauer besaßen oft selbst praktische Kenntnisse der Kampftechniken und beurteilten die Gladiatoren danach, ob sie fair und mutig gekämpft, keine Feigheit und Hinterlist gezeigt und wenn möglich, den Gegner ohne Blutvergießen besiegt hatten.

Häufig kommt es heute bei Besuchern antiker Stätten wie auch in der Literatur oder Filmen zu Verwechslungen der Bauten sowie der Veranstaltungen, die dort stattgefunden haben. Sowohl der Circus wie auch das Stadion sind langgestreckte, schmale Gebäudetypen, die an einer oder beiden Seiten abgerundet sein können. Der deutlichste Unterschied besteht in ihrer Länge: Stadien sind zwischen 160 und 210m lang und ca. 30 m breit, Circusbauten bis zu 600m lang und 70 m breit. Amphitheater sind runde bis ovale Gebäude, Theater dagegen weisen halbkreisförmige Zuschauerränge mit einem Bühnen­gebäude auf.

Alle Gebäudetypen haben sich im Laufe der Zeit verändert. Auch gibt es lokale Besonderheiten oder Vorlieben und nicht zuletzt die Größen unterscheiden sich häufig von Stadt zu Stadt. Hinsichtlich der Nutzung der Gebäudetypen gibt es Überscheidungen, da nicht in jeder Stadt alle Anlagen existierten. In der Frühzeit fanden Tierhetzen und Gladiatorenkämpfe in Stadien statt, bevor sich der Gebäudetypus des Amphitheaters entwickelte. Ein Wagenrennen im Amphitheater war dagegen nicht möglich, da es aufgrund seiner Dimensionen zu klein dafür war (das Wagenrennen am Ende des Films „Gladiator“ im Kolosseum ist also eine reine Erfindung). In einem griechischen Theater wurden Tragödien und Komödien aufgeführt, aber keine Tier- oder Gladiatorenkämpfe. Römische Städte, die nicht alle gewünschten Bauten besaßen, entwickelten multifunktionale Gebäude, die sowohl für Aufführungen wie auch für Kämpfe genutzt werden konnten.

Ziel der Ausstellung ist es, den Besuchern eine klare Vorstellung davon zu geben, wie und wo Menschen in der Antike Veranstaltungen, die bis heute unsere Phantasie anregen, be­suchten.

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