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Von Südosten gen Lübeck fahrend, kommt der museumsaffine Reisende an einer Ortstafel nach Mölln vorbei. Mölln? Klingelt da nicht etwas? Der Rattenfänger war’s nicht, der Lügenbaron auch nicht. Richtig, Mölln ist die Stadt des Till Eulenspiegel! Ob er seine berühmten Streiche hier verübt hat, ist nicht überliefert, nur daß er hier er seine letzten Lebensjahre verbrachte. Und deshalb gibt es in Mölln ein Eulenspiegel-Museum. Aber wo genau?
Das Navi kennt den Weg. Über eine Brücke, in eine schmale Gasse hinein, eine noch schmalere hinauf, und dann: „Sie haben Ihr Ziel erreicht”. Der offiziellen Illustration zufolge verfügt das Museum über einen recht stattlichen Innenhof. Auf dem als „Ziegenmarkt” ausgewiesenen Platz stehen jedoch nur parkende Autos. Kein Museum weit und breit. Vielleicht ein Stück weiter oben? Die Tourist Info muß es wissen. „Ja, das Museum ist hier. Aber Sie meinen wahrscheinlich das andere. Das liegt genau gegenüber.” Sprach's und deutete zum Fenster hinaus.
Heimelige Fachwerkhäuser umstehen hier einen Marktplatz, auf dem wahrscheinlich auch gar keine Autos fahren dürften. Das kleine Museum in einem besonders schmucken Gebäude verfügt mitnichten über einen Innenhof, was die Website zeigt, ist schlicht der Blick aus dem Fenster hinaus auf den Marktplatz, mit dem Möllner Museum Historisches Rathaus genau gegenüber. Beide gehören nämlich zusammen.
Die Dauerausstellung im Obergeschoß, das man über eine enge Treppe erreicht, befaßt sich mit der realen Person ebenso wie mit der Romanfigur und ihrer Rezeption vom 16. Jahrhundert bis heute. Es gibt Gemälde, Grafiken und Skulpturen. Die berühmteste steht draußen auf dem Platz, gleich bei der Kirche: der Eulenspiegel-Brunnen.
Von hier nach Lübeck ist es nur noch ein Katzensprung. Die älteren von uns kennen sicher noch das Motiv auf dem alten 50-DM-Schein. Das berühmte Holstentor ist aber nur eines aus einem ganzen Bouquet interessanter Museen, von denen man mindestens zwei gesehen haben sollte. Besser drei.
Europäisches Hansemuseum
Eines von ihnen ist noch ganz neu, es befindet sich am nördlichen Ende der Altstadt und verspricht eine umfassende, modern konzipierte Dauerausstellung über die Handelsorganisation der Hanse, jener norddeutschen Vereinigung von Kaufleuten, die vom 12. bis in die Mitte des 17. Jahrhunderts auf wirtschaftlichem, politischem und kulturellem Gebiet ein wichtiger Faktor für den Handel im gesamten Nord- und Ostseeraum war, vom flämischen Brügge bis hinauf nach Nowgorod.
Das Museum liegt unterirdisch und besteht aus einer Abfolge von Themenräumen, die in sehr gelungenen Inszenierungen unaufdringlich und unterhaltsam alles Wissenswerte rund um die Hanse vermitteln. Jeder Raum birgt neue Überraschungen, in einem der letzten liegen im Halbdunkel sogar tote Ratten herum, denn es geht um die schreckliche Pest und ihre Überträger. Im Nu sind mehr als zwei Stunden verflogen und der Parkschein drüben an der Kanalstraße längst abgelaufen: mehr Münzen waren nicht in der Geldbörse, und für's Handyticket hätte man sich vorab registrieren müssen. Aber vielleicht drückt die Lübecker Verkehrskontrolle ja bei auswärtigen Gästen ein Auge zu, schließlich kann ja niemand im voraus wissen, daß das Europäische Hansemuseum so fesselnd ist.
Und es ist beileibe nicht das einzige, man denke nur an das berühmte Buddenbrookhaus. Leider wird es zur Zeit renoviert, aber ein Teil der Ausstellung soll ganz in der Nähe im Behnhaus zu sehen sein.
Behnhaus und Drägerhaus
Das Behnhaus ist schnell gefunden, aber der Zeitplan gerät auch hier wieder aus den Fugen, denn auch dieses Museum weiß mit einer Fülle an Räumen zu faszinieren, entworfen vom damals führenden Innenarchitekten Joseph Christian Lillie, authentisch eingerichtet mit Tischen, Stühlen, Kommoden, Wand- und Kronleuchtern sowie natürlich Gemälden aller Art. Im räumlich unmittelbar anschließenden Drägerhaus setzt sich diese Faszination fort: man möchte vor jedem der Gemälde stehen bleiben, es auf sich wirken lassen und sich erst dann der nächsten Wand oder dem nächsten Raum zuwenden, wenn man sich auch an den Details satt gesehen hat.
Den Verfasser fasziniert hier insbesondere das Werk „Dilettantinnen” des Flensburger Malers Ludwig Dettmann. Es zeigt zwei mit bunten Kleidern und Hüten sommerlich gekleidete Damen, die sich in die Natur begeben haben, um zu malen und zu zeichnen. Die Position des Betrachters im Rücken der beiden Malerinnen erlaubt es, beide Blickwinkel einzunehmen: den der Künstlerinnen auf das vor ihnen liegende Stück Natur wie auch den ihres Beobachters.
Und dann ist diese Kurzvisite auch schon wieder zu Ende. Fazit: zwei Tage reichen nicht einmal im Ansatz, um die Lübecker Museumslandschaft auszukosten. Man wird also noch einmal wiederkommen müssen, mit deutlich weiter gestecktem zeitlichem Rahmen.
Museum, Lübeck
Aufstieg und Niedergang der Hanse, die Welt des Mittelalters und das Leben der Kaufleute.
Museum, Lübeck
Lübecks Kunstsammlung des 19. und 20. Jahrhunderts.
Museum, Mölln
Bürgerhaus aus dem 16. Jahrhundert. Geschichte und künstlerische Ausgestaltung des Till Eulenspiegel, der 1350 in Mölln starb.
Museum, Lübeck
Leben und Werk der Schriftstellerbrüder Thomas und Heinrich Mann, Literaturarchiv, Sitz der Deutschen Thomas-Mann-Gesellschaft, der Heinrich-Mann-Gesellschaft und der Erich-Mühsam-Gesellschaft.
Museum, Lübeck
Wahrzeichen Lübecks. Modelle, Grabungsfunde, Stadtansichten und -pläne, die die Gründung und Entwicklung der Stadt belegen. Schiffsmodelle, Exponate zur Schiffahrt der Hansestadt, Sammlung von Strafrechtsaltertümern.
Museum, Lübeck
Leben und Vermächtnis des Bundeskanzlers, Friedensnobelpreisträgers und Sohns der Hansestadt Lübeck. Auf seinen Spuren durch das 20. Jahrhundert.