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Die „Goldene Stadt”, wie sie auch genannt wird, ist für Kulturliebhaber ein äußerst lohnendes Ziel: man kann über die Karlsbrücke schlendern und den Blick auf die Moldau genießen, man kann versuchen, Ziffernblätter und Zeiger der Prager Rathausuhr zu enträtseln, man kann hinaufsteigen zur Burg mit dem Veitsdom, um von dort den wunderschönen Ausblick auf die Zinnen und Türme der Prager Altstadt zu genießen. Und natürlich kann man sich auch kulinarisch verwöhnen lassen.
Dem Verfasser steht der Sinn aber vor allem nach Kultur und Musik, als er der tschechischen Hauptstadt im Frühsommer 2023 einen ausgiebigen Besuch abstattet. Besonders angetan hat es ihm der eine oder andere frisch renovierte Musentempel.
Nationalmuseum
Doch beginnen wir unseren kulturellen Stadtrundgang an der zentralen Metrostation „Museum”. Sie heißt so, weil sich an dieser Stelle der prachtvolle Bau des Nationalmuseums befindet. Das frisch renovierte tempelartige Gebäude aus dem Jahr 1818 empfängt seine Besucher in einem monumentalen Atrium mit historischen Gemälden an den Wänden und breiten Marmortreppen, über denen sich ein gläserner Himmel spannt.
Der Rundgang im ersten Obergeschoss führt zunächst in die mineralogische Abteilung. Wie viele verschiedene Mineralien es doch gibt, und wie vielfältig die Formen und Farben der Kristalle sind! Jeder hat einen Namen, der meistens auf -it endet: Halit, Calcit, Hematit, Antimonit. So richtig spannend wird es aber erst in der folgenden, der paläontologischen Abteilung, wo sich ein lebensgroßes Mammut vor den Besuchern aufbaut, begleitet von einem vorwitzigen und doch den Schutz der Mutter suchenden Jungtier. Kein Wunder, fletscht doch gleich nebenan ein Säbelzahntiger sein fürchterliches Gebiss. Deutlich entspannter geht es im anderen Gebäudeflügel zu, wo Bücher und Skulpturen aus dem Mittelalter die Geschichte Böhmens illustrieren. Eine große Kutsche wird als „Mercedes des Barock” bezeichnet, ein beschrifteter menschlicher Schädel steht für die Pseudowissenschaft der Phrenologie, der Gleichsetzung von Schädelmerkmalen mit Charakter und Geistesgaben. Abschließend wird hier noch die Gesellschaftsordnung in der Zeit der Habsburger-Monarchie behandelt, dann mahnt ein Blick auf die Uhr, sich nicht zu lange hier aufzuhalten, immerhin warten weiter oben noch die Wunder der Evolution mit faszinierenden lebensgroßen Modellen von Riesenkraken, Fischen, Krokodilen, Vögeln und allerlei Savannenbewohnern. Auch ein riesiges Walskelett schwebt hier über den Köpfen der Besucher. Und dann gibt es ja noch den Neubau samt unterirdischem Verbindungsgang.
Prager Burg
Das mit Abstand größte Museum Prags war ein Erlebnis. Und wohin jetzt? Ein guter Ausgangspunkt, um zwei weitere Museen zu erkunden, ist die Metrostation „Malostranská” an der grünen Linie. Man kann dort in die Straßenbahn 22 umsteigen und hinauf zum Hradschin fahren. Oder in die andere Richtung, aber davon später. Oben in der Prager Burg wird man sicher den Veitsdom und das Goldene Gäßchen besichtigen wollen. Es empfiehlt sich, mit der ohnehin obligatorischen Eintrittskarte auch das Palais Lobkowicz zu besuchen, denn es kann mit einer bemerkenswerten Gemäldesammlung und einem einstündigen klassischen Konzert aufwarten. In umgekehrter Richtung bringt einen die Linie 22 bis direkt vor das Tschechische Museum für Musik. Ob man beides hintereinander weg besuchen kann? Auf jeden Fall.
Museum für Musik
Das Musikmuseum ist, wie man beim Betreten sofort erkennt, in einer ehemaligen Kirche untergebracht. Wo früher der Altar stand, führt jetzt ein Treppenhaus in die oberen Etagen hinauf, von denen aber nur die erste als Museum genutzt wird. Es empfiehlt sich, die Räume im Uhrzeigersinn zu besichtigen.
Über die allgemeine Geschichte der verschiedenen Instrumentenfamilien hinaus begegnet einem hier oben so manches Kuriosum: doppelköpfige Blasinstrumente, eine von zwei Seiten bespielbare Geige, mehrere Viertelton-Klaviere sowie eines, auf dem Mozart im Jahr 1787 für die adeligen Fräulein gespielt haben soll. Und es muss auch nicht beim Anschauen oder beim Anhören der Klangbeispiele bleiben, bei dem einen oder anderen Exponat ist sogar Anfassen ausdrücklich erwünscht: was bewirken die kleinen Hebelchen oben an der Harfe? Wie funktioniert eine Orgel samt Blasebalg? Wie baut man eine Klarinette zusammen? Und schließlich: was ist ein Theremin? Das Gerät mit den zwei Antennen reagiert berührungslos auf die Bewegungen der Hände, rechts die Tonhöhe und links die Lautstärke. Die richtigen Töne zu treffen erfordert allerdings viel Übung.
Smetana
Ist das Thema Musik damit erledigt? Mitnichten! Am anderen Ende der Karlsbrücke befindet sich einer der wenigen Orte auf der Welt, wo man mit Blick auf die Moldau „Die Moldau” hören kann, und zwar im Smetana-Museum, untergebracht in einem malerisch sgrafittoverzierten Gebäude am Ufer derselben. Der Eingang zu diesem bemerkenswerten Museum befindet sich am hinteren Ende der Außenterrasse einer Kneipe, man sollte seine Suche also nicht zu früh mit einem „hier kann es nicht sein” aufgeben. Hinter der Glastür und eine Treppe höher betritt man einen Raum mit zahlreichen Notenpulten, auf denen jeweils ein Werk des Komponisten aufliegt, welches sich mit einem Zauberstabes akustisch zum Leben erwecken läßt: Moldau hören, Moldau lesen, Moldau sehen.
Dvořák
Als Bedřich Smetana 1874 sein Hauptwerk komponierte, war der 50-jährige bereits vollständig ertaubt. Im selben Jahr bewarb sich der heute weltweit meistgespielte tschechische Komponist Antonín Dvořák gerade erfolgreich um ein staatliches Stipendium. Das ihm gewidmete Museum, ein reizendes kleines Sommerpalais unweit der Station „Pavlova” der roten Metrolinie dokumentiert sein Leben und zeigt einzigartige Objekte aus seinem Nachlass: Schreibtisch, Klavier, Bratsche, Mozartbüste, Taschenuhr und vieles mehr, dazu einen etwa einstündigen Film mit englischen Untertiteln.
Beide Komponisten liegen auf dem Vyšehrader Friedhof begraben, ein Besuch lohnt sich allein schon wegen des schönen Spaziergangs von der gleichnamigen Metrostation herüber. Von dieser Seite kommend, findet man das Smetana-Grab wenige Schritte vom Nebeneingang nach rechts, das von Dvořák wiederum befindet sich unter den nördlichen Arkaden.
Ein so ausgesprochen musiklastige Reise in die tschechische Hauptstadt wäre nicht komplett ohne den Besuch eine Vorstellung der außen wie innen prächtigen Staatsoper, idealerweise mit Dvořáks bekanntestem Opernwerk „Rusalka”.
Der Verfasser hat die beschriebenen Museen im Juni 2023 besucht.
Museum, Praha (Prag)
Historisches Gebäude im Stil der Neorenaissance und eines der bedeutendsten Gebäude Prags. Mineralogie, Paläontologie, Anthropologie, Geschichte, Natur und Kunst.
Museum, Praha (Prag)
Prachtvoller Saal, vom Nationalmuseum mit Musik belebt. Streich- und Zupfinstrumente, Harfen, Blas- und Schlaginstrumente, Harmonikas, Tasteninstrumente, Orgeln, mechanische Musik. Mozartklavier.
Museum, Praha (Prag)
Eines der schönsten Gebäude der Neorenaissance in Prag. Umfangreiche Sammlungen zum Leben und Werk des Komponisten Bedřich Smetana, Schicksal seiner Werke im In- und Ausland vom 19. Jahrhundert bis heute.
Museum, Praha (Prag)
Barocker Sommerpalast „Amerika”. Gegenstände aus seinem Nachlass, Sammlung von Manuskripten des Komponisten. Skulpturen von Matthias Bernard Braun.
Museum, Praha (Prag)
Palais aus der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts. Weltberühmte Gemälde von Canaletto, Bruegel, Velázquez und weiteren. Waffen und Rüstungen, Autographen von Haydn, Mozart und Beethoven.
Museum, Praha (Prag)
Alle Erstauflagen der Werke Kafkas, Korrespondenz, Tagebücher und Manuskripte, Fotografien und Zeichnungen.
Museum, Wien
Bildnisse, Autographen, Notendrucke, Erstdrucke verschiedener Werke, Joseph Haydns Totenmaske, verschiedene Musikinstrumente. Joseph Haydn (1732-1809) schuf in diesem Haus einen Großteil seines Alterswerkes.
Museum, Mürzzuschlag
Weltweit einziges ausschließlich Brahms gewidmetes Museum in seinem originalen Mürzzuschlager Wohnhaus während seiner Sommeraufenthalte 1884 und 1885. Originaler Flügel, auf dem Brahms in Mürzzuschlag gespielt hat, persönlichen Sachen, Partituren.