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28.9.2024
Der verflixte Notenständer zu „Geigensolo mit Hindernissen”,
Karl Valentins Posaune zu „Geigensolo mit Hindernissen”,
Akkordeon zu „Geigensolo mit Hindernissen”,
Album und Notenblatt zu „Geigensolo mit Hindernissen”,
Zither zu „Geigensolo mit Hindernissen”,
Notenblatt zu „Geigensolo mit Hindernissen”,
Moritatentafel zu „Geigensolo mit Hindernissen”,
Blick auf den See zu „Geigensolo mit Hindernissen”,

Beitrag

Geigensolo mit Hindernissen

Das Buchheim-Museum zeigt den Musiker Karl Valentin

Rainer Göttlinger
28. September 2024

Karl Valentins unnachahmlicher Humor hat sich der Nachwelt vor allem in Schallplattenaufnahmen und Schwarzweißfilmen erhalten. Aber da ist noch viel mehr, dem es sich nachzuspüren lohnt. Die Sonderausstellung „Karl Valentin und die Musik” im Museum des Romanautors Lothar-Günther Buchheim bietet noch bis zum 1. Dezember 2024 eine Gelegenheit, die sich so schnell nicht wieder ergeben dürfte.

„Am allerwenigsten meiner Vaterstadt München”

Denn Karl Valentins Nachlaßverwaltung obliegt nicht etwa seiner Münchner Heimat, sondern der Theaterwissenschaftlichen Sammlung der Universität zu Köln. Warum das so ist, hat der am Rosenmontag des Jahres 1948 verstorbene Valentin Ludwig Fey, so sein bürgerlicher Name, in die Worte gefaßt: „Meine großen Kultursammlungen über München will ich lieber Sachsen, Württemberg oder Norddeutschland zum Geschenk machen, unter keinen Umständen aber meinem geliebten Heimatland Bayern, am allerwenigsten meiner Vaterstadt München.” Die Geringschätzung war gegenseitig: noch 1953 weigerte sich die Stadt, seiner Witwe den Nachlass für gerade einmal 7.000 DM abzukaufen. Einige Jahre später unterstützte sie aber immerhin die Gründung des privaten Valentin-Musäums im Münchner Isartor.

Wenn es nun ein Museum gibt, das auch noch so verkehrsgünstig liegt wie das heutige Valentin-Karlstadt-Musäum, wozu sich dann die Mühe machen und mit dem notorisch unzuverlässigen Oberbayernbus (RVO) hinaus nach Bernried fahren? Nun, dafür gibt es gleich mehrere gute Gründe: die herrliche Landschaft, der See, der Ort und natürlich vor allem das gastgebende „Museum der Phantasie” mit seinen vielseitigen Ausstellungen.

Im Unterschied zum Museum im Isartor, das im Kern auf Valentins Panoptikum der Jahre 1934 bis 1937 zurückgeht, bietet die Bernrieder Ausstellung zudem einem spezielleren Betrachtungswinkel, nämlich auf den Musiker Karl Valentin. In seinen Sketchen ist der Komiker nämlich auffallend oft mit einem der zahllosen Instrumente zu sehen, die er beherrschte.

Zunächst aber gilt es, das gut 30 Kilometer im Südwesten vor München gelegene Museum zu erreichen. Am schnellsten und bequemsten geht das natürlich, freie Fahrt vorausgesetzt, mit dem Auto. Eine besonders reizvolle Variante stellt auch die Fahrt mit dem Ausflugsschiff über den Starnberger See dar. Und man kann ganz profan den Regionalzug nehmen, ist dann aber auf den letzten zwei Kilometern den Unzulänglichkeiten des lokalen Busverkehrs ausgeliefert. Denn der Linienbus 9614 vom Bahnhof zum Museum steht für Samstag und Sonntag zwar auf dem Aushangfahrplan, läßt sich real aber nicht blicken. Werktags wiederum müßte man schon mit den Hühnern aufstehen und stünde dann mehr als 3 Stunden zu früh vor dem Museum. Allein den Weg zum Bahnhof im benachbarten Tutzing könnte man sich spätnachmittags per Bus erleichtern, allerdings eben nur werktags. Bernried ist übrigens recht schön, und der Weg vom Bahnhof zum Museum führt bergab.

Der Instrumental-Komiker

Die Karl-Valentin-Ausstellung befindet sich im Untergeschoß des weitläufigen, im Jahr 2001 unter der Regie von Lothar-Günther Buchheim erbauten Museums. In der Mitte des Raumes sind originale Musikinstrumente aus dem Besitz Karl Valentins ausgestellt: eine Trommel, diverse Blech- und Holzblasinstrumente, eine Drehorgel und natürlich seine geliebte Zither. An den Wänden ringsum geht es um den Buben Valentin, um seine Versuche, als „lebendes Orchestrion” auf der Bühne Fuß zu fassen, um den Instrumental-Karikatur-Komiker und den Zither-Virtuosen, das Alpensänger-Sextett, den Musikclown und den Moritatensänger. Natürlich sind auch zahlreiche Notenblätter und andere Autographen versammelt. Unangefochtener Publikumsmagnet ist aber der Film „Das verhängnisvolle Geigensolo” mit Liesl Karstadt in der Rolle des bärbeißigen Gerichtsvollziehers, der dem Künstler vor den Augen des Publikums sein Instrument wegpfändet. Ein weiterer bekannter Sketch, der ebenfalls mit Musik zu tun hat, ist die Orchesterprobe.

Beide Filme und dazu unzählige Tonaufnahmen lassen sich bequem über die Audioguides abhören, die am Eingang kostenlos bereitliegen. Wer Sketche von Künstlern wie Peter Frankenfeld oder Loriot kennt, wird unschwer den Einfluß des Münchner Urgesteins auf deren Humor bemerken.

Das Museum der Phantasie

Die Fülle des Dargebotenen läßt die Zeit wie im Flug vergehen, zumal man sich während des Abhörens auch nicht, wie in so vielen Ausstellungen, gegenseitig im Blickfeld steht. Und wenn man sich schließlich dann doch losreißt, dann nur, weil das Museum noch so viel anderes zu bieten hat. Immerhin wartet im Hintergrund der große Saal mit Buchheims Expressionismus-Sammlung, in der Künstler wie Ernst Ludwig Kirchner, Erich Heckel, Alexej von Jawlensky, Otto Mueller oder Lovis Corinth mit etlichen hochkarätigen Landschafts- und Aktdarstellungen vertreten sind.

Einen großen Teil nimmt naturgemäß auch die Biographie des Museumsgründers Lothar-Günther Buchheim ein, der als Marineberichterstatter an einer Feindfahrt des U-Bootes teilgenommen hatte und diese Lebenserfahrung später in den erfolgreich verfilmten Roman „Das Boot” hat einfließen lassen. Im Obergeschoß ist seiner Sammlung gläserner Briefbeschwerer eine ganze Abteilung gewidmet, im Stockwerk darunter hat Buchheims umfangreiche ethnographische Sammlung einen würdigen Platz gefunden.

Man ist nicht im Museum der Phantasie gewesen, wenn man nicht auch auf den Steg hinausgelaufen ist, der auf Obergeschoßhöhe einige Meter über das Seeufer hinausragt, so dass man einen Blick auf die Werdenfelser Berge werfen kann. Es empfiehlt sich auch, den Museumsbereich auf der Gartenterrasse des Cafés mit einer kleinen Stärkung ausklingen zu lassen, immerhin hat man ja noch den langen Weg hinauf zum Bahnhof vor sich.

Der Verfasser hat Museum und Karl-Valentin-Ausstellung am 21. September 2024 besucht.

POI

Museum, Bernried

Museum der Phan­tasie

Museums­gebäude für die Samm­lun­gen des Malers, Photo­gra­phen, Ver­le­gers und Kunst- und Roman­autors Lothar-Günther Buch­heim am Ufer des Starn­berger Sees. Ex­pres­sio­ni­sten­samm­lung von Ge­mäl­den und Gra­ph­iken der „Brücke”-Maler.

Museum, München

Valen­tin-Karl­stadt-Mus­äum

Karl Valen­tin, Liesl Karl­stadt, Münch­ner Schau­spieler, Komi­ker und Hum­ori­sten. Volks­sänger.

Museum, Regensburg

Museum der Baye­rischen Geschichte

Das Museum prä­sen­tiert die Ge­schich­te des mo­der­nen Bayern vom König­reich zum Frei­staat, also von 1806 bis heute.

Bis 1.12.2024, Bernried

Karl Valentin und die Musik

Karl Valentin war ein großer Musiker, er beherrschte über zehn Musik­instru­mente. Musik spielte in fast allen seinen Sketchen, Filmen und Hör­stücken eine zentrale Rolle.

Bis 12.1.2025, Bernried

Samm­lung Buch­heim - Inside Out?

Die Aus­stellung ermutigt die Betrachter, sich ein eigenes Urteil über Status und künftige Ent­wick­lung der Sammlung zu bilden.

Museum, Tutzing

Orts­museum Tutzing

Schloss, Feldafing

Casino auf der Rosen­insel

Die Rosen­insel mit einer kleinen Insel­villa, dem sog. «Casino», und dem eben­falls von Lenné ge­stal­te­ten Rosen­garten wurde zu einem der Lieb­lings­auf­ent­halte seines So­hnes Ludwig II., der dort aus­ge­wählte Gäste emp­fing.

Museum, Weilheim in Obb.

Stadt­mu­seum Weil­heim

Museum, Starnberg

Museum Starn­berger See

Ehe­ma­liges Bauern­haus aus dem 17. Jahr­hun­dert. Leben, Arbei­ten und Wohnen im alten Starn­berg, höfis­che Schiff­fahrt der Wittels­bacher am Starn­berger See.

Verantw. gem. §55 Abs 2 RStV:
Rainer Göttlinger
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