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Die Kelten, jenes geheimnisvolle Volk ohne Schrift, jedoch mit ausgeprägtem Kunsthandwerk, faszinieren bis heute. Und wer im Fach Heimatkunde gut aufgepaßt hat, kann zumindest einen jener fränkischen Berge benennen, dessen Hochfläche von einem heute noch sichtbaren Ringwall umgeben ist. Eine Ausstellung im fränkischen Iphofen befaßt sich seit heute mit der Geschichte der Kelten in eben dieser Region.
Als mindestens genauso interessant wie die Ausstellung selbst erweist sich aber auch der zugehörige Katalog. Der Rezensent sich beide angesehen – und ist begeistert.
Archäologische Ausgrabungen auf der Vogelsburg, der Houbirg, dem Staffelberg, dem Walberla und anderswo erbrachten über die Jahrzehnte eine Vielzahl typisch keltischer Artefakte, allen voran die markanten Vogelkopffibeln, Augenperlen, Buckelarmringe und figürlichen Amulette wie etwa das Stierpaar aus Landersdorf oder der Eber aus Karlstadt am Main. Die Ausstellung zeigt aber auch, wie man sich ein keltisches Haus vorzustellen hat, und in welchen Gefäßen man damals kochte oder seine Vorräte aufbewahrte.
Ein besonders auffälliges Stück ist die große Schnabelkanne, die von der Hochfläche des Walberla geborgen wurde: das elegante Schankgefäß, einer metallenen Kanne nachempfunden, diente dem Ausschenken von Wein und ist typisch für die sogenannte Hallstattkultur, wie man die frühe Eisenzeit heute nennt. Benannt ist sie nach dem Ort Hallstatt im Salzkammergut, während für die spätere Latènezeit ein Fundort am schweizerischen Lac de Neuchâtel Pate gestanden hat. Beide Kulturen unterscheiden sich vor allem durch das hoch entwickelte Kunstschaffen der letzteren: mit Fibeln, die einen an Enten erinnernden Vogelkopf aufweisen oder deren visuelle Merkmale Glotzaugen, Pausbacken und lange Kinnbärte sind. Geschickten Umgang mit innovativen Materialien zeigten sie auch bei der Fertigung von Glasarmringen, Schichtaugenperlen oder auch bei der Fertigung von Tongefäßen mittels schnell drehender Töpferscheiben: für Mitteleuropa ein Novum.
Die einzelnen Abschnitte des Begleitbuchs stammen von 12 namhaften Autoren, allen voran der wissenschaftliche Leiter der Ausstellung PD Dr. Markus Schußmann, der u.a. die Grabung auf der Ehrenbürg leitete.
Keltische Oppida
Detailliert vorgestellt werden natürlich die wichtigsten Höhensiedlungen (Oppida) und ihre Besonderheiten. Der keltische Adel scharte dort allerlei Handwerker um sich, die ihrerseits den Schutz der Mauern genießen durften.
Die Houbirg bei Hersbruck zum Beispiel zählt mit ihren vier Kilometern Umfang und einem bis zu acht Meter hohen Wall mit vorgelagertem Graben zu den größten vorgeschichtlichen Befestigungsanlagen in Bayern, wäre aber in den 1950er-Jahren beinahe einem Kraftwerksprojekt zum Opfer gefallen.
Bis heute ein Identifikationsort geblieben, wenngleich aus anderen Gründen wie in der Keltenzeit, ist die Ehrenbürg bei Forchheim: die wenigsten Besucher, die wegen der herrlichen Aussicht, der schönen Natur oder des jährlichen Walberlafestes dort hinaufpilgern, dürften ahnen, dass sie ein ehemals pulsierendes keltisches Zentrum betreten: von hier stammt u.a. die bereits erwähnte Schnabelkanne.
Eines der Schaustücke der Ausstellung ist das Modell des sogenannten Zangentors vom Staffelberg. Die Tore dieses imposanten Zugangsbauwerks waren mit Eisenblech beschlagen: nicht der Wehrhaftigkeit wegen, sondern um nach außen hin zu demonstrieren, dass man davon im Überfluss besaß.
Klimaflüchtlinge
Um das Jahr 400 v. Chr. ereignete sich ein Klimaphänomen, das der agrarischen Bevölkerung innerhalb von nicht einmal zehn Jahren die Lebensgrundlagen raubte und vermutlich Auslöser der sogenannten Keltenwanderungen war. Auf der Suche nach kultivierbarem Land drangen sie weit nach Süden vor, drängten die Etrusker aus Norditalien zurück, plünderten Rom, erreichten sogar den Bosporus. Etwas später wurden die verlassenen Gebiete dann vom Donauraum her wieder neu besiedelt, und es entstanden neue Gehöfte und Siedlungen.
An der Wende zum 1. Jahrhundert v. Chr. schließlich erreichten erstmals germanische Kriegsscharen die Region. Militärische Zusammenstöße führten zum Erliegen des Handels und zur Aufgabe der zentralen Siedlungen, weite Teile der Bevölkerung vermischten sich mit den immer stärker zuwandernden Germanen. Die Kelten verschwanden als eigenständige Kultur in Franken.
Ausstellung: Knauf-Museum Iphofen, 27.7. bis 9.11.2025, Buch: Kelten in Franken, Verlag Friedrich Postet, Regensburg, ISBN 978-3-7917-3555-9, 29.00 EUR.
Museum, Iphofen
Abgüsse berühmter Bildwerke aus fünf Jahrtausenden und vier Erdteilen.
Bis 9.11.2025, Iphofen
Die Ausstellung widmet sich mit zahlreichen Exponaten dem archäologischen Erbe der keltischen Kultur im Zentrum des weiten Besiedlungsgebietes. Funde aus der sog. Latènekultur belegen dabei deren ausgereiftes handwerkliches Geschick.
Museum, Iphofen
Iphöfer Stadtgeschichte: prähistorische Funde, mittelalterliche Sakralkunst, Objekte aus dem Weinbau. Stadterhebung im Jahre 1293.
Museum, Iphofen
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Museum, Rödelsee
Das nach ihrer letzten Bewohnerin benannte „Elfleinshäusla” versetzt seine Besucher in die eigene Kindheit und weit darüber hinaus in die so genannte „gute alte Zeit” zurück.
Museum, Iphofen
Fränkisches Dorf in gewachsener Situation mit Kirchenburg. Geschichte und Bedeutung von Kirchenburgen, dörfliches Handwerk, Weinbau in Franken.
Museum, Kitzingen
Fastnachtsbräuche im deutschen und europäischen Raum. Sitzungskarneval, historische Entwicklung von Karneval und Fastnacht. In der Schatzkammer Fastnachtsorden und Kronjuwelen.