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Museen sind mehr als nur Freizeiteinrichtungen

Stellungnahme des Arbeitskreises „Museen für Geschichte” zur Schließung der Museen im „zweiten Lockdown”

Museen wurden am 29. Oktober 2020 fast durchgehend als Vergnügungseinrichtungen klassifiziert und geschlossen. Dabei gehören sie zu den sichersten Orten überhaupt: man kann sich darin gut separieren und verteilen, und es gibt überall Aufsichten, die das überwachen.

Im Arbeitskreis „Museen für Geschichte” sind über 30 große Geschichtsmuseen (Museen für Kulturgeschichte, Stadtmuseen) in Deutschland, Österreich, der Schweiz, Liechtenstein, Luxemburg und Belgien vertreten.

Der Arbeitskreis ist besorgt über die Entwicklung der Covid19-Pandemie und unterstützt alle sinnvollen Maßnahmen zu deren Eindämmung.

Wie andere europäische Regierungen hat die deutsche Bundesregierung am 29. Oktober 2020 einen zweiten Lockdown beschlossen, die deutschen Bundesländer haben ihn mit entsprechenden Landesverordnungen interpretiert und umgesetzt.

Nur ausgewählte Branchen

Anders als im Frühjahr sind aber nur noch ausgewählte Branchen und Institutionen betroffen. Dazu zählen auch die Museen, die fast durchgehend als Freizeit- und Vergnügungseinrichtungen klassifiziert und geschlossen wurden.

Museen gehören zu den sichersten Orten: Sie haben sich seit dem ersten Lockdown im Frühjahr intensiv und erfolgreich mit ihren Hygiene- und Betriebskonzepten darauf eingestellt und diese kontinuierlich verbessert. Dabei bieten die meisten Museen ohnehin bereits herausragende Voraussetzungen, weil sie über große Räume und moderne Lüftungsanlagen verfügen. Besucher kommen und gehen hier nicht im Pulk, sondern verteilt über den ganzen Tag. Vor allem sind Museen Orte, in denen man sich gut separieren und verteilen kann, und es gibt überall Aufsichten, die das überwachen. Anders als in Kaufhäusern wird in Museen kaum etwas angefasst, das Publikum der Museen ist in hohem Maße diszipliniert.

Museen sind nicht nur besonders sichere Orte, sondern auch besonders relevante Orte: Sie bieten Orientierung, informieren und stärken die Menschen. Deshalb zählen sie – um Bundespräsident Steinmeier zu zitieren – zur Daseinsvorsorge.

Museen sind zuvorderst Lernorte

Museen leisten das zuvorderst als Lernorte: Sie sind sui generis Bildungseinrichtungen. Der Arbeitskreis fordert, dass Museen und andere sichere Kultur- und Bildungseinrichtungen von den Entscheidern auf Bundes- und Landesebene als solche ernstgenommen und bei den nächsten Entscheidungsrunden wieder geöffnet werden. Die dafür nötigen Bedingungen und Auflagen, die für andere Bildungseinrichtungen, Kirchen oder Geschäfte gelten, erfüllen sie bereits.

Als außerschulische Lernorte bieten sich Museen gerade jetzt an, in Thüringen ist das bereits zulässig, nur dürfen die Schüler*innen dieses Angebot noch nicht nutzen. Der Vorschlag von Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (10.11.2020), mit Schulklassen auch in Museen zu gehen und so die beengte Raumsituation der Schulen zu verbessern, sollte zeitnah umgesetzt werden. Museen werden als soziale Bildungsstätten gebraucht, jetzt mehr denn je!

Unterzeichnende:

Dr. Peter Assmann, Direktor Tiroler Landesmuseen Innsbruck. Prof. Dr. Hans-Jörg Czech, Direktor und Vorstand Stiftung Historische Museen Hamburg. Dr. Jan Gerchow, Direktor Historisches Museum Frankfurt. Prof. Heinrich Theodor Grütter, Direktor Ruhr Museum und Vorstand der Stiftung Zollverein. Dr. Frauke von der Haar, Direktorin Münchner Stadtmuseum. Prof. Dr. Hans Walter Hütter, Präsident Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland Bonn. Dr. Constanze Itzel, Direktorin House of European History Brüssel. Prof. Dr. Eckart Köhne, Direktor Badisches Landesmuseum Karlsruhe. Dr. Gabriele Köster, Direktorin Magdeburger Museen. Prof. Dr. Katja Lembke, Direktorin und Vorstand Niedersächsisches Landesmuseum Hannover. Hofrat Prof. Dr. Wolfgang Muchitsch, Direktor Universalmuseum Joanneum Graz. Prof. Dr. Michel Polfer, Direktor Musée national d’histoire et d’art Luxembourg. Dr. Heike Pöppelmann, Direktorin Braunschweigisches Landesmuseum. Paul Spies, Direktor Stiftung Stadtmuseum Berlin. Dr. Thomas Richter Direktor Herzog Anton Ulrich-Museum Braunschweig. Dr. Jasper von Richthofen, Direktor Görlitzer Sammlungen für Geschichte und Kultur. Dr. Alexander Schubert, Leitender Direktor und Geschäftsführer Historisches Museum der Pfalz Speyer. Dr. Tilmann von Stockhausen, Leitender Direktor Städtische Museen Freiburg. Guy Thewes, Direktor Musée d’Histoire de la Ville de Luxembourg. Prof. Klaus Vogel, Direktor und Vorsitzender des Vorstands Stiftung Deutsches Hygiene Museum Dresden. Prof. Dr. Rainer Vollkommer, Direktor Liechtensteinisches Landesmuseum Vaduz. Prof. Dr. Alfried Wieczorek, Generaldirektor Reiss-Engelhorn-Museen Mannheim.

Verantwortlich gem. §55 Abs 2 RStV: Rainer Göttlinger. Pressemitteilungen willkommen. #1049099 © Webmuseen