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Der Chiemgau südöstlich von München ist eine Landschaft wie für einen Urlaub geschaffen: grüne Wiesen und glitzernde Seen, über denen sich majestätisch die Kette der bayerischen Alpen erhebt.
Und bei schlechtem Wetter? Ich freue mich, wenn es regnet, resümierte einst Karl Valentin. Denn wenn ich mich nicht freue, regnet es auch. Ob der urige Komödiant seine Freude am Regen aus dem Umstand bezog, daß bei Schlechtwetter die Wahl zwischen Draußen und Drinnen leichter fällt, ist nicht bekannt. Und es gilt ja auch nicht überall.
Per Museumszug ins Bauernhausmuseum
So ist zum Beispiel das Ameranger Bauernhausmuseum mit seinen blühenden Wiesen und Gärten ein ausgesprochenes Schönwetterziel. Und auch eine Fahrt mit dem Museumszug der Chiemgauer Lokalbahn von Bad Endorf nach Olang macht bei Sonnenschein natürlich doppelt so viel Spaß, zumal man beides auch bequem verbinden kann und in diesem Fall sogar einen Nachlaß auf den Eintrittspreis erhält.
Aber beginnen wir die Tour durchs Chiemsee-Alpenland doch ganz im Süden: von Tirol kommend, mußten Reisende früher eine enge Tordurchfahrt passieren, wobei ihnen dann auch gleich der Zoll abgeknöpft wurde. Der Verkehr fließt längst um Oberaudorf herum, aber das Gebäude existiert noch und beherbergt heute das Audorfer Museum, mit einer Ausstellung über die Schifffahrt auf dem Inn und die Ortsgeschichte.
Nach erfolgter Besichtigung könnte man, je nach Interessensgebiet und einzuschlagender Richtung, eine Route über Sachrang nach Aschau wählen und dem sehenswerten Müllner Peter Museum einen Besuch abstatten, jener kultursinnigen Persönlichkeit des 18. Jahrhunderts, der in einem Fernseh-Dreiteiler der 1970er-Jahre ein bleibendes Denkmal gesetzt wurde. Oder aber, man wählt eine Strecke, die einen zunächst ins Urzeitmuseum Neiderhell führt, eine beeindruckende private Sammlung von Fossilien aus allen Erdzeitaltern, um dort staunend die versteinerten Überreste einer Paddelechse zu bewundern. Im zugehörigen Gasthaus läßt es sich übrigens auch angenehm speisen und übernachten.
Dreh- und Angelpunkt Rosenheim
Bei fortgesetztem Erkundungswillen wird man früher oder später nach Rosenheim kommen, was aber ganz gewiß kein Schaden ist, lockt hier doch der überregional bekannte Lokschuppen mit seinen Ausstellungen, die alljährlich Hunderttausende anlocken. Aktuell geht es um die riesigen Meeressaurier, deren größte Exemplare unsereinen mit einem Happs verschlungen hätten.
Und wer schon einmal hier ist, kann sich auch gleich noch einem Museum zuwenden, das weltweit einzigartig sein dürfte: dem Faltbootmuseum der Firma Klepper, die bekanntlich einer der führenden Hersteller dieser praktischen, weil zerlegbaren Kayaks ist.
Bayernticket
Praktischerweise liegt Rosenheim an einer Bahnlinie, deren Streckenverlauf einem weitere interessante Museen zu allen möglichen Sachgebieten erschließt. Man gönne sich also am besten ein Bayernticket und versäume auch nicht, es an der Museumskasse vorzulegen, das eine oder andere Museum gewährt Nachlaß.
Sehr sehenswert ist zum Beispiel das Heimatmuseum in Prien am Chiemsee mit seiner „Historischen Galerie der Chiemseemaler”, die einen reizvollen Einblick in zwei Jahrhunderte Künstlerlandschaft Chiemsee gewährt. Einer dieser Künstler, der „Farbenfürst” Julius Exter (1863-1939), besaß im nahen Übersee am Chiemsee, zwei Bahnhaltepunkte weiter, ein Atelierhaus, das ebenfalls besichtigt werden kann.
Wer gut zu Fuß ist oder mit dem Auto unterwegs, sollte auch das Römermuseum in Grabenstätt nicht versäumen. In der Zeit von 500 vor bis 300 nach Christus war der Chiemgau nämlich römische Provinz, wovon zahlreiche fußbodenbeheizte Gutshöfe künden.
Und da wäre auch noch das berühmte „Siegsdorfer Mammut”, das größte und besterhaltene Mammutskelett Europas. Technisch Interessierte mit Auto könnten sich zudem die Maximilianshütte in Bergen vornehmen. Oder aber, Papa und Sohnemann werden im EFA-Museum bei den klassischen Oldtimern geparkt, während Mama und Töchterlein das Schloß Amerang besuchen oder sich bei Halfing den Moorlehrpfad entlang führen lassen. Oder umgekehrt.
Abschließend könnte man vielleicht noch von Prien aus die Insel Herrenchiemsee mit dem gleichnamigen Königsschloß besuchen, wo dem „Bayern-Kini” ein eigenes Museum gewidmet ist, wo man aber natürlich, speziell in der Urlaubssaison, alles andere als allein ist.
Tipp
Der Autor empfiehlt daher, die Museumsrunde stattdessen im nahen Wasserburg am Inn enden zu lassen, wo ein überraschend vielseitiges Stadtmuseum seine Besucher stundenlang zu fesseln weiß. Aber wahrscheinlich hat man sich ohnehin vorgenommen, die Region und ihre Museen noch ein zweites Mal zu besuchen. Oder ein drittes.
Museum, Wasserburg am Inn
Vor- und Frühgeschichte, Stadtgeschichte, Bauernmöbel, Musikinstrumente, Handwerk. Vollständig erhaltene Werkstätten Wasserburger Handwerker, reiche Sammlung bäuerlicher Möbel des 17. und 18. Jahrhunderts.
Museum, Chiemsee
1873 erwarb König Ludwig II. von Bayern die Herreninsel als Standort für sein Neues Schloss Herrenchiemsee.
Museum, Amerang
220 klassische deutsche Automobile auf 6000 qm Fläche. Weltgrößte Modelleisenbahn-Anlage der Spur II.
Techn. Denkmal, Bergen
Technisches Industriedenkmal. Geschichte des Hüttenwerkes. Eisengewinnung und -verarbeitung, Lebens- und Arbeitswelt der Menschen.
Museum, Siegsdorf
Geologie Südostbayerns, Alpenentstehung, Bodenschätze, Versteinerungen. Eiszeitalter, Mammut, Höhlenlöwe.
Museum, Grabenstätt
Archäologie der Römerzeit. Dokumentation eines großen Gutshofs, bestehend aus mehreren Gebäuden mit Hypokaustenheizungen, Mosaiken und Wandmalerei bei Erlstätt.
Museum, Übersee
Julius Exter (1863-1939) spielte um die Jahrhundertwende im Münchner Kunstleben neben Franz v. Stuck als "Farbenfürst" eine große Rolle. Er kaufte 1898 das Anwesen "Zum Stricker" in Feldwies und ließ sich dort 1917 endgültig nieder. Studierzimmer und Atel