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Modelleisenbahnen verschlingen nicht nur viel Zeit, sie brauchen auch Platz. Und so manche Bahn überdauert ihren Erbauer. Als nun die Erben einer wunderschönen privaten Märklin-H0-Anlage das Zimmer anderweitig nutzen wollten, übergaben sie das einzigartige Stück dem Miniaturland Treuchtlingen, das dem Wunderwerk nun neues Leben einzuhauchen im Begriff ist: eine Aufgabe, die erneut viel Geduld und Geschick einfordert, denn an dieser Anlage ist vom Gleis bis zur Straßenlaterne alles analog. Welcher Schaltknopf steuert die Stromzufuhr für die hauchfeinen Drähte der Freileitungen? Welcher das Läutewerk der Kirchenglocke?
Der Verfasser, in seiner Kindheit selbst stolzer Besitzer eine Märklin-Eisenbahn, unterliegt beim Studieren der Anlagedetails sofort dem „das hatte ich auch” Syndrom. Natürlich in nur einer Ebene und auch mit viel weniger Schienen und Gebäuden, aber einen See gab es hier wie dort und auch genau diese Kirche, von den unzähligen Plastiktannen erst gar nicht zu reden.
Hauptattraktion der Treuchtlinger Miniaturwelt ist aber natürlich die große Anlage mit ihren stolzen 34 Metern Länge, neben der sich das Erbstück eher bescheiden ausnimmt.
Zweieinhalb Kilometer Gleis
Auf der sagenhafte 250 Quadratmeter großen Schauanlage lassen sich nicht nur mehrere Bahnhöfe mit den dazugehörigen Ortschaften entdecken, sondern auch Landwirtschaft, ein Einkaufszentrum, ein Rummelplatz, eine Gärtnerei, ein Bergwerk, ein Steinbruch, mehrere Burgen sowie ein großer Berg samt Sommerskigebiet. Natürlich ist auch die zugehörige Infrastruktur vorhanden: Straßen, auf denen Autos fahren, eine Luftseilbahn, ja sogar ein Flughafen.
Und was da nicht so alles passiert! Hier löscht die Feuerwehr ein brennendes Haus, dort sägt ein Holzfäller, begleitet vom Geräusch seiner Motorsäge, einen Baum um. Im Tanzkaffe drehen die Paare ihre Runden, Strafgefangene halten ihren Hofgang ab, auf dem Friedhof der Klosterkirche findet eine Beerdigung mit kleiner Trauergemeinde statt. Und wer genau hinsieht, erkennt auf einer Wiese … nein, das zu schildern wäre nicht jugendfrei, und deshalb trägt der zugehörige Aktivierungsknopf auch keine Beschriftung.
All das ist eingebettet in eine liebevoll ausgearbeitete Landschaft, auf der ständig ein gutes Dutzend Züge unterwegs ist, die man durchaus mit den Augen über längere Strecken verfolgen kann, ehe sie wieder in einen Tunnel einfahren, um für einige Minuten im Schattenbahnhof zu pausieren, während sich eine andere der insgesamt gut 200 Zuggarnituren auf den Weg macht. Die verborgenen Teile mitgerechnet, sind rund zweieinhalb Kilometer Gleise auf der Anlage verbaut und werden von fast 50 Trafos mit Strom versorgt. Vier Steuercomputer sorgen für einen reibungslosen Ablauf.
Die Eisenbahnerstadt Treuchtlingen bildete einstmals das zentrale D-Zug-Streckenkreuz Bayerns und ist auch durch den Treuchtlinger Marmor bekannt. Das Miniaturland ist dienstags bis sonntags (und während der bayerischen Ferien auch montags) von 13.00 bis 17.30 Uhr geöffnet, letzter Einlass ist um 17:00 Uhr.
Der Verfasser hat die Miniaturwelt am 14. Januar 2023 besucht.
Museum, Treuchtlingen
Fantasie-Landschaft im Maßstab 1:87 mit liebevollen Details aus dem Altmühltal und ganz Deutschland.
Museum, Treuchtlingen
Eine der größten volkskundlichen Sammlungen Bayerns. Wohnbeispiele aus dem 17. bis ins 20. Jahrhundert. 7.000 Jahre Siedlungsgeschichte, Geschichte der Region und der „Oberen Veste”.
Zentrum, Treuchtlingen
Historischer Kanal zur Verbindung der Flußsysteme von Donau und Rhein aus dem Jahr 793. Politischer Hintergrund des Kanalbaus in der Karolingerzeit.
Zentrum, Treuchtlingen
Siedlungsgeschichte und Kulturlandschaft der Region. Fossiliensammlung, Entstehung des Rieskraters. Historische Wohnräume des frühen 20. Jahrhunderts.
Museum, Treuchtlingen
Geschichte der Familie Aurnhammer, den Gründern der ersten Posamenten-Manufaktur in Treuchtlingen. Erzeugnisse aus der jahrhundertelangen Fabrikation (Bänder, Tressen, Uniformeffekte).
Burg, Pappenheim
Staufische Höhenburg von 300m Länge mit Vorburg und Hauptburg (teils Ruine). Historische Ausstellung zur Familiengeschichte des Hauses Pappenheim, Natur und Jagdmuseum, Folterkammer.