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22.9.2020
Jesus zu „Kunstgenuß vom Feinsten”,
Außenwand zu „Kunstgenuß vom Feinsten”,
Venus zu „Kunstgenuß vom Feinsten”,
 zu „Kunstgenuß vom Feinsten”,
Picasso zu „Kunstgenuß vom Feinsten”,
Maurizio Cattelan, Stadtmusikanten zu „Kunstgenuß vom Feinsten”,
Gerhard-Marcks-Museum zu „Kunstgenuß vom Feinsten”,
Direkt neben der Kunsthalle befindet sich das Gerhard-Marcks-Museum.
Übersee-Museum zu „Kunstgenuß vom Feinsten”,
Für den nächsten Besuch in Bremen vorgemerkt: das Übersee-Museum.

Besuchsbericht

Kunstgenuß vom Feinsten

Zu Gast in der Kunsthalle Bremen

Rainer Göttlinger
Herausgeber

Jeder kennt die Bremer Stadtmusikanten. Und kein Tourist verläßt Bremen, ohne sie abgelichtet zu haben, jene berühmte Zweckgemeinschaft der verstoßenen Haustiere, neben dem Bremer Rathaus in Bronze gegossen vom Bildhauer Gerhard Marcks. In der Kunsthalle begegnet einem der tierische Aufstand ein weiteres Mal, diesmal allerdings aus der Sicht des italienischen Künstlers Maurizio Cattelan: zur Linken in Fell und Federkleid, zur Rechten fein säuberlich mazeriert wie im Naturkundemuseum. Aber es geht in diesem Werk mitnichten um Knochenstrukturen, sondern um die fortwährende Verbindung auch über den Tod hinaus.

Die Kunsthalle, ein repräsentatives und mehrfach erweitertes klassizistisches Bauwerk, beherbergt eine der schönsten und umfassendsten Sammlungen bildender Kunst, die der Verfasser je gesehen hat. Zurückzuführen ist das natürlich zum einen auf die Qualität und Auswahl der Werke, zum anderen aber auch auf die ästhetische Gestaltung der alten und neuen Ausstellungsräume, die jeweils ein eng gefaßtes Thema betrachten und beleuchten.

Im Themenraum „Wald” fällt zum Beispiel ein Gemälde von Caspar David Friedrich eigentlich nur dadurch auf, daß zur Rechten eine moderne Fotografie exakt dieselbe Stelle zeigt, die auch der bekannte Frühromantiker auf seine Leinwand gebannt hat. Unter einem Felsspalt ist darauf, recht unauffällig, das Grab des Cheruskerfürsten Arminius zu sehen, ein Steinsarkophag mit geöffnetem Deckel. Allerlei Fichten verschiedener Größe umstehen auch heute noch diesen symbolträchtigen Ort, und sie sind noch immer genauso groß und genauso angeordnet wie damals. Zufall oder Zauberei? Zwar könnten theoretisch die Bäume von 1813 durchaus noch stehen, aber sie müßten doch seitdem erheblich gewachsen sein? Oder nahmen jüngere Bäume ihre Plätze ein und wuchsen dann in dieselbe Größe und Form? Das kann nicht sein.

Des Rätsels Lösung ist, daß weder Maler noch Fotograf eine reale Vorlage hatten. Was beim ersten nicht sonderlich erstaunt, verblüfft beim zweiten umso mehr. Wie kann man denn einen imaginierten Ort fotografieren? Nun, der Künstler Hiroyuki Masuyama hat sein Werk aus Hunderten digitaler Fotos komponiert. Solche Kunst ist ganz nach dem Geschmack des Verfassers, darum sei sie hier auch beschrieben.

Ein wenig aus dem Rahmen fällt auch der Raum „Ländliches Leben” mit Werken von Lovis Corinth, Pierre-Auguste Renoir und Henri de Toulouse-Lautrec. Denn hier konkurriert die Kunst mit einer Wand, die nicht wie die anderen einfarbig-ebenmäßig ist, sondern aus Sandsteinmauerwerk besteht, mit deutlich sichtbaren Fugen und vertikalen Kanten. Die Bilder hängen auch nicht direkt an der Wand, sondern in einer Trägerkonstruktion. Das sieht attraktiv aus und sollte Schule machen.

Aber auch hier gibt es eine Antwort auf die unausgesprochene Frage nach dem Hintergrund dieser außergewöhnlichen Präsentation. Und zwar in doppeltem Wortsinn. Denn bei der Wand handelt es sich schlicht um die ehemalige Außenfassade der Kunsthalle, in deren modernem Anbau man sich gerade befindet.

Und irgendwann steht man dann, die hochkarätige Kunst aller Stilepochen ausgiebig durchstreift habend, wieder vor dem Saal, der die Nummer 1 trägt, jedoch nicht ausdrücklich als Startpunkt des Rundgangs ausgewiesen ist und dem strukturiert handelnden Erstbesucher deshalb gleich zu Anfang etwas logisches Denkvermögen abfordert. Aber das stört nicht, zumal die Kunsthalle ja ungeachtet ihrer Größe und der vielen Säle durchaus übersichtlich ist.

Wie so oft reicht auch hier die maximale Parkzeit an der Uhr für einen angemessenen Kunstgenuß nicht ganz aus, aber zum Glück lauerte kein Parkraumüberwacher, um dem kulturaffinen Gast eine kostenpflichtige Ermahnung zur Eile mit auf den Weg zu geben.

POI

Museum, Bremen

Kunst­halle Bremen

Deut­sche und fran­zö­si­sche Malerei des 14 bis 19. Jahr­hun­derts, Lieber­mann, Corinth, Beck­mann, Paula Moder­sohn-Becker, Worps­wede, Gegenwarts- und Medien­kunst. Kupfer­stich­kabinett.

Museum, Bremen

Ger­hard Marcks Haus

Skulp­tur des 20. Jahr­hun­derts. Hand­zeich­nun­gen, Druck­graphik und Skulp­turen von Ger­hard Marcks.

Museum, Bremen

Über­see-Museum

Afrika, Asien, Ozea­nien, Ame­rika: ferne Kontinente faszinieren seit jeher die Reisenden und die Daheimgebliebenen.

Verantw. gem. §55 Abs 2 RStV:
Rainer Göttlinger
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