Heidelberger Kunstverein
Agnes Scherer. Savoir Vivre
Inmitten der hohen Halle des Kunstvereins entfaltet sich standbildartig das düstere Bild eines ritterlichen Lanzenstechens. Einer der zwei aufeinander zugaloppierenden Reiter wird von der Lanze des Gegners getroffen.
Als Zuschauerinnen reihen sich zwölf gestikulierende Hofdamen auf der Tribüne aneinander. Sie beobachten und kommentieren das Geschehen.
Der geschilderte Wettbewerb auf Leben und Tod findet nicht real statt. Die Ritter und Damen entpuppen sich als Skulpturen aus bemaltem Papiermaché. Das Mienenspiel und die Haltungen der Figuren wirken marionettenhaft. Kein Blut fließt.
Für ihr neues Projekt Savoir Vivre hat Scherer die hohe Ausstellungshalle des Heidelberger Kunstvereins in einen mittelalterlichen Turnierplatz mit Tribüne transformiert und das Fortleben der Kultur „hoher Minne” in der fiktionalen Überhöhung der „Frau” — zum Preis und Zweck des Wettbewerbs — in aggressiv kompetitiven Männergesellschaften thematisiert.
Bei näherer Erkundung entdecken die Besucher der Ausstellung, dass man die puppenhaften Halbschalen-Bildnisse der Hofdamen von hinten betreten kann.