Beitrag v.
7.1.2013
Kartausen mit Blüten zu „Ittinger Museum (Museum)”, CH-8532 Warth
Mönch am Fenster zu „Ittinger Museum (Museum)”, CH-8532 Warth
Glasfenster zu „Ittinger Museum (Museum)”, CH-8532 Warth
Chorgestühl zu „Ittinger Museum (Museum)”, CH-8532 Warth
Kachelofen zu „Ittinger Museum (Museum)”, CH-8532 Warth
Weinrebe zu „Ittinger Museum (Museum)”, CH-8532 Warth
Drei Kartausen zu „Ittinger Museum (Museum)”, CH-8532 Warth

Museum

Ittinger Museum

Mai bis Sept:
tägl. 11-18 Uhr
Okt bis April:
Mo-Fr 14-17 Uhr
Sa-So+Ft 11-17 Uhr

Die ehemalige Kartause Ittingen, wie sie sich heute präsentiert, ist das Resultat von ständigen baulichen Veränderungen und Anpassungen an die jeweiligen Bedürfnisse im Verlauf von mehr als 900 Jahren. Heute laden die Klosterbauten, aber auch sie Gärten mit ihrer einzigartigen Verbindung von Zier- und Nutzpflanzen und dem größten historischen Rosengarten der Schweiz zum Verweilen und Entdecken ein. Im Eingangsbereich erschließen Bildschirmpräsentation und historische Ansichten die Funktion der einzelnen Gebäude und deren bauliche Ver­ände­rungen.

Der Kartäuserorden geht auf die Gründung des Klosters Grande Chartreuse bei Grenoble durch Bruno von Köln im Jahre 1084 zurück. Die Kartäuser verstehen sich als Einsiedler in der Gemeinschaft: sie leben allein in ihrer Zelle, unterwerfen sich einem strengen Schweigegebot, das pro Woche nur zwei Stunden Gespräch zuläßt, versammeln sich aber mehrmals täglich zum Gottesdienst in der Kirche.

Beim Ittinger Klostersturm, einer Fehde zu Beginn der Reformationszeit in der Schweiz, wurde die Kartause am 18. Juli 1524 zwei Tage lang geplündert und niedergebrannt. Die vertriebenen Mönche kehrten nur langsam zurück, und erst 1553 konnte die Klosterkirche neu geweiht werden.

Das Kloster als Wirtschaftsbetrieb

Der Klosterbetrieb wurde durch eine Vielzahl von Bediensteten und Knechten aufrecht erhalten: Kellermeister, Köche, „Küchenknab”, Hausknechte, Gärtner sowie der Hofmeister waren im heute nicht mehr vorhandenen Knechtenhaus untergebracht. In einem guten Jahr wurden an die 20.000 Gulden erwirtschaftet. Der Wohlstand zeigte sich in umfassenden Bauarbeiten und in der Neuausstattung der Kirche.

Seinen Getreidebedarf deckte das Kloster durch Lieferungen von zehntpflichtigen Bauern aus der Umgebung, es wurde in der Kornschütte getrocknet und aufbewahrt und in der klostereigenen Mühle, wo die Bauern auch eigene Feldfrüchte gegen Entgelt mahlen lassen konnten, weiterverarbeitet. Brot wurde in der direkt angebauten Pfisterei gebacken. Zu den wichtigen Einnahmequellen des Klosters gehörte der Weinbau. Auch eine Brennerei gab es, ihre Schnäpse sind bis heute eine bekannte Spezialität der Kartause Ittingen.

Neben dem Haupttor stand ein Pförtnerhaus mit Schmiede und Schlosserei. Die Pferdeställe befanden sich entlang der südlichen Umfassungsmauer. Am Hangfuss östlich des Klosters entspringt eine Quelle, die die Mönchsgemeinschaft mit Wasser versorgte. Um das Wasser kontrolliert einsetzen zu können, wurde ein Speicherweiher angelegt. Der Verzehr von Fisch war den ansonsten vegetarisch lebenden Kartäusermönchen erlaubt und die Fischzucht somit eine wichtige Nahrungsmittelquelle für die Mönchsgemeinschaft. Noch heute wird der obere Weiher für die Fischzucht genutzt. Neben dem Weiher steht das Wasch­haus.

Der Westflügel mit dem heutigen Eingangsbereich wurde in den 1720er-Jahren umgebaut und entscheidend erweitert. Im Untergeschoss entstand ein großer Keller für die Weinvorräte, im Obergeschoss befanden sich repräsentative Gast­räume.

Die von aussen kaum sichtbare Klosterkirche war das bauliche und geistige Zentrum des spirituellen Klosterlebens. Mönche und Laienbrüder suchen sie täglich vier bis fünf Mal auf, um Gottesdienste zu feiern. Die Kirche diente einzig und allein der Mönchsgemeinschaft und enthält weder Orgel noch Kanzel. Künstlerischer Höhepunkt sind die illusionistischen barocken Deckengemälde sowie das Chorgestühl mit seinem variantenreichen Schnitz­werk.

Im Südflügel waren unten die Mönchzelle der Prokuratur, ein Keller, die Küche sowie die Speiseräume der Mönche untergebracht. Der mit der Wirtschaftsführung des Klosters betraute Prokurator sorgte dafür, dass die Mönche in den Zellen abgeschieden und ohne materielle Sorge ihrem geistlichen Leben nachgehen konnten. Im Refektorium, einem frühbarocken Raumensemble von seltener Schönheit, nahmen die Mönche an Sonn- und Feiertagen gemeinsam ihre Mahlzeit ein, ohne dabei ihr Schweigegelübde zu brechen. Der Prior, der im Obergeschoss eine repräsentative Abfolge von Räumen bewohnte, saß allein an einem Tisch an der Schmalseite des Raumes unter dem Kruzifix, die Mönche an den längs aufgestellten Tischen.

Die frühere Klosterküche war, nachdem Viktor Fehr (1846-1938) die Kartause 1867 als junger Mann erworben und den Raum nach seinen Bedürfnissen hatte umbauen lassen, bis 1977 von dessen Familie bewohnt. Die bestehende Raumausstattung mit Täferung, Buffet, Ofen und Möblierung entstand 1880. Im Vorratskeller ermöglichten Haken an der Decke das Aufhängen von Speisen, was sie für Nager unerreichbar machte.

Die insgesamt 14 Mönchszellen gruppieren sich um den großen Kreuzgang. Ein Kartäusermönch verbrachte sein ganzes Leben allein in seiner Klause und verließ diese nur für die Gottesdienste in der Kirche oder das gemeinsame Mahl an Sonn- und Feiertagen. Jede Zelle umfaßte je einen Arbeitsbereich, ein Ess- und Studierzimmer und einen Andachtsraum, dazwischen ein fest eingebautes Kastenbett mit Türen zu beiden Seiten. Der Tagesablauf des Mönchs war von Stundengebeten, Andachten, Meditationen und geistlichen Studien zu fest definierten Zeiten, die sogar die Nachtruhe unterbrachen, bis ins Detail bestimmt. Im Arbeitsablauf der Mönche war auch Handwerk vorgesehen. Jede Mönchszelle hatte zudem ihr eigenes, von hohen Mauern eingefasstes Gärtchen, das der Mönch nach eigenem Gutdünken bepflanzen konnte, sowie eine kleine Wandelhalle. Mittagessen und Nachtessen würden durch die Laienbrüder vom großen Kreuzgang her in die Durchreichen der einzelnen Häuschen gestellt und in der Zelle ein­ge­nommen.

Sakristeien und Bibliothek im kleinen Kreuzgang dienten der Aufbewahrung von Kultgegenständen und Büchern, etwa zur Pflanzenkunde und zur Medizin: die Kartause Ittingen besass zwei lateinische und eine deutsche Ausgabe des berühmten „Hortus Sanitatis”. Im Kapitelsaal versammelten sich die Mönche regelmässig zur Lesung der Regel oder zu gemeinsamen Beratungen. Hier wurden auch neue Priore gewählt oder Novizen auf­ge­nommen.

1798, nach dem Niedergang der Alten Eidgenossenschaft, verboten die nun weisungsgebenden Behörden der Helvetik dem Kloster die Aufnahme von Novizen. Das Klostervermögen wurde vom neu geschaffenen Kanton Thurgau beschlagnahmt. 1848 schließlich wurde das Kloster endgültig aufgehoben, und die Mönche mussten Ittingen nach rund sieben Jahrhunderten verlassen.

Weinbau

Für die Wirtschaft der Stiftung Kartause Ittingen ist der Traditionsbezug ein wichtiges Anliegen. Seit 1991 wird der Weinbau wieder in Eigenregie betrieben und die Ittinger Weine vor allem im Restaurant Mühle konsumiert oder im Klosterladen verkauft. Die Fläche der Weinberge der Stiftung beträgt rund 10 Hektaren, mit Blauburgunder als der dominierenden Sorte. Ein Kurzfilm im Vorratskeller zeigt die Arbeiten in den Rebbergen und im Weinkeller der Kartause vom Rebschnitt im Winter über die Pflege im Jahreslauf bis hin zur Ernte, Verarbeitung und Abfüllung der Weine in Flaschen. Eine Spezialität ist die trocken ausgebaute „Ittinger Eiche”.

Der Verfasser hat die Kartause am 22. August 2023 besucht.

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Rainer Göttlinger
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